Die Meinung am Freitag, 03.11.2017, von Fabian Taute

Die Junge-Menschen-Quote: Wieso wir sie brauchen und uns Experimente trauen sollten.

02.11.17 –

Die Junge-Menschen-Quote: Wieso wir sie brauchen und uns Experimente trauen sollten.

Wir jungen Menschen in der Partei fordern eine Quote für die Bürgerschaftswahllisten, die es Realität werden lässt, dass junge Menschen tatsächlich mitentscheiden und gemäß ihrem Anteil in der Gesellschaft repräsentiert werden (zurzeit ca. 30 %).

Es war mir klar, dass diese Forderung erstmal Abwehrreaktionen provozieren wird, aber über einige davon war ich dann doch stark verwundert. In dem Ziel, dass junge Menschen in der Partei stärker gefördert werden sollen, weil auch unsere Partei stark ergraut, scheinen sich noch alle einig, aber gerade das Instrument einer Quote löste geradezu Empörung aus, auch bei einigen Diskussionsteilnehmerinnen. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal grundsätzliches zu Quoten sagen:

Ich verstehe die Grünen als eine liberale Partei (natürlich nicht in dem Sinne, wie die FDP das Wort liberal versteht) bzw. als eine Partei liberaler Menschen. Liberale Menschen sind für Gleichberechtigung im Sinne gleicher Repräsentation. Liberale Menschen sind aber auch gegen Quoten. Sie wünschen sich, dass wir in unserer Gesellschaft aus „freien Stücken“ bzw. durch Bildung, Einsicht und Vernunft Gleichberechtigung erlangen und dafür keine Quoten brauchen. Sie sehen aber ein, dass wenn Gleichberechtigung aus „freien Stücken“ (noch) nicht erreicht werden kann, wir gezwungenermaßen auf Regeln wie Quoten zurückgreifen müssen, bis wir auf diese nicht mehr angewiesen sind. So viel dazu, was auch als Erinnerung dient, warum wir eine Quote für Frauen haben.

Es wurde außerdem wiederholt das Argument vorgetragen, dass das Kriterium für die Vergabe eines Listenplatzes Qualifikation sein sollte und nicht irgendein anderes Kriterium wie zum Beispiel das Alter. Das kann ich in gewisser Weise nachvollziehen, aber glaubt denn wirklich irgendjemand in unserer Partei, dass der einzige Grund, warum in der Fraktion, bis vor zum Nachrückverfahren vor einigen Wochen, der jüngste Abgeordnete 39 Jahre alt war, darin liegt, dass „die jungen Leute“ alle unqualifiziert sind? Ich glaube das jedenfalls nicht. Andersrum, glauben bestimmt auch wenige, dass ein guter Listenplatz allein durch Qualifikation zustande kommt, sondern gestehen sich ein, dass insbesondere ein über Jahre/Jahrzehnte aufgebautes Netzwerk, dazu beiträgt. Das ist die Realität und normal, aber ich denke, dass auch jedem klar sein sollte, dass es für junge Menschen aus unterschiedlichsten Gründen, weil sie zum Beispiel nicht aus Bremen kommen und erst für die Ausbildung oder das Studium hergezogen sind oder einfach von „den Alten“ aufgrund ihrer Jugend mit Skepsis beäugt werden, ungemein schwerer ist, sich in kurzer Zeit eine solche innerparteiliche Lobby aufzubauen. Sollten wir es hinnehmen, dass uns junge, grüne Talente so versauern? Ich denke nicht.

Natürlich gehört eine gewisse Erfahrung und Kompetenz zu einem Mandat, das will ich gar nicht abstreiten, aber kann es uns nicht auch beleben, wenn ein junger noch nicht ganz „fertiger“ Mensch uns mit einem Mandat vertritt? Jemand der*die noch nicht jede Frage schon gestellt hat? Jemand der*die sich noch nicht an die Etikette des Politikbetriebs gewöhnt hat? Ich sehe das jedenfalls so.

Zukunft wird aus Mut gemacht! Ob man unseren Wahlkampf-Slogan toll findet oder nicht, ich finde wir sollten Experimente wagen. Meiner Meinung nach sind wir als Grüne, als einzige Partei, so progressiv, dass wir so etwas ausprobieren können. Da sehe ich niemand anderes. Und ganz ehrlich, was soll denn schlimmstenfalls passieren? Ich denke jedenfalls nicht, dass unsere Fraktionsarbeit zur Katastrophe wird, weil nun auch unter-30-jährige mitarbeiten. Die Behauptung wäre absurd.

In einer Zeit in der sich viele darüber beklagen, dass sich doch so wenige junge Menschen politisch engagieren (was ich bezweifle) und in Parteien aktiv sind (was stimmt), können wir ein Zeichen setzen, indem wir junge Menschen mit einer Quote besonders stark fördern. Wir sind unter den Jungwähler*innen deutlich stärker als in allen anderen Altersgruppen. Mit einer Quote sagen wir ihnen: Ihr könnt uns nicht nur wählen, ihr könnt auch kommen und mitmachen!

Kategorie

Bremen