Die Meinung am Freitag, 05.05.2017, von Rainer Stadtwald

Ich meine:  Pflaster oder Asphalt - das ist nicht die Frage.

04.05.17 –

Ich bin seit über 30 Jahren Mitglied unserer Partei und muß feststellen: Wir haben innerparteilich ein Demokratieproblem.

Man kann zu verschiedenen Themen unterschiedlicher Meinung sein. Nur sollte in solchen Fällen eine innerparteiliche Diskussion stattfinden. Am Ende stehen dann Parteibeschlüsse, die von unseren Regierungsmitgliedern umgesetzt werden sollten. So stelle ich mir das vor.

Auch bin ich ein glühender Vertreter von Bürgerbeteiligung vor Ort, gerade in der Kommunalpolitik. Nun haben wir aktuell im Viertel ein Riesenproblem. Vor Ort bietet sich das Geschenk eines zu fast 100% erhaltenem, historischen Stadtbildes. Unser grüner Bausenator Joachim Lohse ist gerade dabei, alle Pflastertraßen im Viertel nach und nach aspaltieren lassen und so den vorhandenen Viertelcharakter komplett zu zerstören.

Und das gegen den erklärten Willen der Mehrheit der Anwohner in den betroffenen Straßen, gegen den Willen von Künstlerinnen und Künstlern im Viertel, gegen den Willen des örtlichen Einzelhandels, gegen den Willen des Landesdenkmalpflegers und, was besonders schwer wiegt, gegen den Willen des örtlichen Beirates, gegen den Willen der großen Mehrheit der grünen Beiratsfraktion ÖV und gegen den Willen einer Mehrheit im grünen Kreisvorstand. Demokratie und ernsthafte Bürgerbeteiligung sieht anders aus.

Die Bürger fordern mehrheitlich, das historische Stadtbild im Viertel flächendeckend zu erhalten. Und das unter besonderer Berücksichtigung der Interessen von RadfahrerInnen und Radfahrern sowie mobilitätseingeschränkten Mitbürgern. Bautechnisch ist das möglich. Sie fordern ein städtebauliches Gesamtkonzept für den Stadtteil, welches ein Vorzeigeprojekt von positiver Stadtgestaltung für ganz Bremen sein könnte.

Der örtliche Einzelhandel ist dringend auf ein identitätsstiftendes Umfeld um die attraktiven Einkaufstraßen "Ostertorsteinweg" und "Vor dem Steintor" angewiesen. Er wehrt sich massiv gegen eine Verödung der umliegenden Wohnstraßen durch die geplanten Aspaltierungen. Pflaster ist zudem nachhaltig und mittelfristig kostengünstiger als Asphalt. Dies bedeutet langfristig eine nicht unerhebliche Entlastung des städtischen Haushaltes im Haushaltsnotlageland Bremen.

Flensburg geht aktuell genau den Weg andersherum. Dort werden asphaltierte Straßen in den Altstadtgebieten wieder zu Pflasterstraßen zurückgebaut. Hauptargument: Es stärkt den einmaligen Charakter der Stadt. Ich habe zwölf Jahre erfolgreich für unsere Partei im Beirat gewirkt und mache seit zwanzig Jahren im Viertel Kommunalpolitik. Dreimal habe ich Joachim Lohse ein Gespräch in der Sache angeboten. Er hat dreimal abgelehnt. Die BürgerInnen und Bürger im Stadtteil organisieren sich jetzt gegen diese Gutsherrenpolitik des grünen Bausenators. Ich als grünes Parteimitglied habe mich entschieden, auf welcher Seite ich stehe.