Die Meinung am Freitag, 05.05.2017, von Joachim Lohse

Ich meine, dass die Frage lauten muss: Wie ernst nehmen wir Grünen unsere politischen Ziele Barrierefreiheit, Leichtigkeit des Radverkehrs, Verkehrssicherheit und Lärmschutz?

04.05.17 –

Ich meine, dass die Frage lauten muss: Wie ernst nehmen wir Grünen unsere politischen Ziele Barrierefreiheit, Leichtigkeit des Radverkehrs, Verkehrssicherheit und Lärmschutz?

Diese Ziele stehen in jedem Grünen Wahlprogramm, und sie sind sowohl von Landesmitgliederversammlungen als auch von der Fraktion immer wieder bestätigt worden. Leider nimmt Rainer Stadtwald auf diese politischen Ziele kaum Bezug, das erschwert die inhaltliche Auseinandersetzung. Und auch die Behauptung, dass Pflaster mittelfristig kostengünstiger sei, trifft leider nicht zu und wird auch durch stetige Wiederholung nicht richtiger... zumindest dann nicht, wenn wir von einem Belag reden, der die o.g. Ziele wie Barrierefreiheit, Fahrradfreundlichkeit etc. langfristig erfüllen soll. Denn seien wir ehrlich: das Fahrradfahren ist in weiten Teilen des Viertels eine - gelegentlich sogar riskante! - Tortur, worauf leider sehr viele Radler mit Ausweichen auf den Gehweg reagieren. Nur sind die Gehwege häufig so schmal und noch dazu mit Mülltonnen und am Zaun festgeschlossenen Fahrrädern blockiert, dass Menschen mit Kinderwagen, im Rollstuhl oder mit Rollatoren gezwungen werden, auf die Fahrbahn auszuweichen... glaubt denn irgendjemand ernsthaft, dass für diese Menschen holpriges Pflaster genauso angenehm ist wie eine ebene Straßenoberfläche?

Diese Position habe ich immer wieder in ausführlichen Gesprächen - auch mit Dir, lieber Rainer - vertreten, und ich werde das auch weiterhin tun. Nicht, dass man mich missversteht: es geht mir nicht darum, "alle Pflasterstraßen im Viertel nach und nach asphaltieren lassen und so den vorhandenen Viertelcharakter komplett zu zerstören". Sondern darum, dass wir mehrheitlich barrierefreie, fahrradfreundliche und komfortable Verhältnisse schaffen und das Pflaster auf diejenigen Orte beschränken, die für sich zu Recht eine übergeordnete und überragende Bedeutung für den Charakter des Viertels in Anspruch nehmen... und das kann nicht jede einzelne Straße sein! Dass hochwertige Gestaltung auch mit Asphalt möglich ist, das zeigt uns der Einsatz des Beirats Neustadt für ein Fahrradmodellquartier - was übrigens dem Viertel auch gut zu Gesicht gestanden hätte! - genauso wie die Freudenparty der Anwohner*innen des Fedelhören nach der Neugestaltung ihrer Straße im vergangenen Jahr. Mein Ressort und ich führen gerade in diesen Tagen zur Frage der zukünftigen Straßenausbaustandards Gespräche mit den Koalitionspartnern. Denn es sind ja gerade eben nicht Parteibeschlüsse, die von Regierungsmitgliedern direkt umgesetzt werden könnten; umgesetzt werden können nur die Dinge, die im Koalitionsvertrag stehen, für die eine Koalitionsmehrheit organisiert werden kann, und die schließlich auch im Haushalt abgesichert werden können. Parallel sprechen wir auch mit den Beiratsvertretern von "Mitte" und "östliche Vorstadt" mit dem Ziel, eine gemeinsame Haltung zu entwickeln, die allen Seiten möglichst weitgehend gerecht wird. Die Ergebnisse dieser Gespräche werden wir dann auch noch einmal öffentlich zur Diskussion stellen, so dass die Abwägung zwischen den Zielen der Barrierefreiheit, Wirtschaftlichkeit, Förderung einer Verkehrswende und historischen Gestaltungsansprüchen für alle nachvollziehbar wird und auch das Verfahren unseren Grünen Ansprüchen an Transparenz, Partizipation und rationaler Entscheidungsfindung gerecht wird.