Die Meinung am Freitag, 10.07.2015, von Ulf Jacob

Ich meine, die Personaldebatte um´s Bauressort behindert inhaltliche Auseinandersetzung und schwächt die Partei.

09.07.15 –

Ich meine, die Personaldebatte um´s Bauressort behindert inhaltliche Auseinandersetzung und schwächt die Partei. Wir sollten unser zentrales grünes Umwelt- und Bauressort und unsere Senatoren stärken statt sie zu beschädigen. Roberts Kandidatur auf den letzten Drücker bietet aus meiner Sicht keine inhaltliche Alternative und ist kein Erneuerungsangebot. Wir haben die Wahl zwischen Joachim und Robert - zwischen zwei grundverschiedenen Typen, nicht aber zwischen "neuer" oder "alter" Programmatik. Jetzt das große Geschütz aufzufahren, Geschäftsordnungsdebatten anzufangen und so zu tun, als wenn die bevorstehende Entscheidung zwischen zwei guten Kandidaten nun den großen Aufbruch und eine Neuaufstellung der Grünen darstellt, finde ich unglaubwürdig und unangemessen. Da werden die Reflexe der Medien bedient und genutzt, die natürlich das Schaulaufen gaaaaanz toll finden.

Die Fokussierung auf die beiden Kandidaten ist aber vor allem auch politisch unklug: Denn sie überlagert und verdeckt die nötigen inhaltlichen, programmatischen Debatten. Und ach ja Koalitionsvertrag, was war da noch? Trägt das Paket? Wieso sollten wir – die Partei - die ausgehandelten Kompromisse mittragen? Immerhin müssen wir die nächsten vier Jahre dahinterstehen und in den Stadtteilen und Beiräten in Bremen dafür eintreten. Die Gefahr ist groß, dass halbherzig angegangene zentrale Konflikte und wenig entwickelte Strategien (die wir durchaus anzubieten hätten…) übrig bleiben und uns vor die Füße fallen werden – z.B. Thema Flusszerstörung versus Hafenwirtschaft oder/ und Thema Naturerhalt versus Wohnungsbau etc pp. Und: Die alles überlagernde „Personalshow“ schwächt das für uns zentrale Bau-, Umwelt-, Bau-  und Verkehrs- und (neue!) Landwirtschaftsressort. Wir schwächen auch den aktuellen oder/ und künftigen Senator (egal wer´s wird) und natürlich schwächen wir den Lavo, der einen einstimmigen Personalvorschlag gemacht hat. Stattdessen sollten wir unsere aktuellen und künftigen Senatoren stärken, wir sollten unser zentrales Umweltressort stärken und unterstützen in der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner (!) und den Lobbyisten von Handelskammer und Co.

Robert schreibt, das Bauressort bietet „echte Möglichkeiten, aus der Defensive wieder heraus zu kommen und „die Themen berühren den Alltag der Menschen und die wichtigsten programmatischen Versprechen unserer Partei“.  Es gehe „um anschauliche Projekte, die für Aufbruch stehen“. Ja klar!! Das ist unser grünes Kerngeschäft, hier müssen wir wieder besser werden, und das haben manche vor lauter nachhaltiger Finanzressourcenwirtschaft vergessen. Aber dass Robert meint, unsere programmatischen Grundlagen nun ausgerechnet im Senatorenamt am besten erneuern zu können, das verstehe wer will. Für Programmarbeit und Engagement auf diesen Feldern ist das Senatorenamt ein denkbar ungünstiger Ort. Schon mal was von Rollenverteilung gehört, und von Senatsdisziplin, Kompromisse vertreten, Verwaltung auf Kurs halten? Partei und Fraktion verfügen hier über wesentlich mehr Freiheit zur Zuspitzung und zum politischen Agieren. Die Vorstellung, wir müssten die Personen, denen wir Fähigkeiten zur programmatischen Erneuerung zutrauen, auf Senatsposten hieven, ist verfehlt.

Und dazu noch einen erfolgreichen Senator ohne Not vom Hof zu jagen, wäre falsch:  Joachim und sein Ressort haben viel erreicht. Die Grundlagen für die weitere konkrete Umsetzung von grünen Projekten sind geschaffen (…zur Erinnerung: Klimaschutzgesetz; eine Klimaanpassungstrategie ist auf dem Weg; wir bauen wieder Wohnungen und wichtig Sozialwohnungen; die netto Flächenversiegelung ist gestoppt; die nachhaltige Verkehrsentwicklung mit VEP ist festgeschrieben ….). Bei keinem anderen Politikfeld war die Zustimmung der Bremer Wähler/-innen so hoch wie bei der Umweltpolitik, mit der am Wahltag 60 Prozent zufrieden waren. Ohne dies wären unsere Stimmverluste womöglich noch größer gewesen.

Was wir brauchen ist ein Prozess der programmatischen Erneuerung, und wir brauchen jemanden der oder die das in die Hand nehmen. Und wir brauchen mehr Leute, die an den Hochschulen, bei Initiativen und Verbänden, in den Stadtteilen für grüne Botschaften werben. Joachims Ressort hat die Zeichen der Zeit erkannt: Unter den engen finanziellen Rahmen müssen wir die Kräfte bündeln, wir müssen Synergien und Unterstützung in der Gesellschaft für grüne Projekte organisieren: Das SUBVL stellt sich gerade im Feld der grünen Stadtentwicklung neu auf und holt sich dafür die Unterstützung aus der Stadt u.a. über einen neuen Beirat „Stadtgrün“ mit vielen Akteuren aus Wirtschaft, Naturschutz, Wissenschaft und Bürgergesellschaft!

Joachim hat es verdient, die Früchte seiner Arbeit selbst einzufahren und auf den in den letzten Jahren von ihm und seinem Ressort gelegten Grundlagen die nötigen grünen Projekte zu entwickeln. Daran sollten wir auf allen Ebenen mitarbeiten - oder wie die SPD (inzwischen ja unser „Vorbild“ für Erneuerung….) sagen würde: „Miteinander!“….