Die Meinung am Freitag, 10.11.2017, von Robert Bücking

Ich meine, dass der Neustädter Hafen noch lange Hafen bleiben wird.

09.11.17 –

Ich meine, dass der Neustädter Hafen noch lange Hafen bleiben wird.

 

Die CDU verspricht im Neustädter Hafen 15 000 Wohnungen.

Nichts davon ist auch nur im Ansatz durchdacht. Keine Analyse der Entwicklung des Hafens und seiner Potentiale. Keine Analyse der Rahmenbedingungen dieses Areals, das eine Retentionsfläche für Sturmfluten ist, für den Wohnungsbau. Die CDU verabschiedet sich somit aus jeder ernsthaften Stadtentwicklungsdebatte und vergnügt sich mit Phantasieprodukten.

 

Was ist der Kern der Sache?

1.

Im Neustädter Hafen werden gut eine Mio. Tonnen Ladung pro Jahr umgeschlagen. Mal mehr mal weniger. Im Moment entwickelt sich der Umschlag gut. 500 Leute haben Arbeit. Projektladung (ZB Gasaufbereitungsanlagen für die Förderung am Amur) Rohre für Gas- und Ölpipelines, Windenergieanlagen für Enerkon und Schnittholz für den boomenden Holzbau. Was reitet die CDU, sich im Handstreich mal eben von der Hälfte der stadtbremischen Hafenkapazitäten zu verabschieden?

 

2.

Würde man dem Vorschlag der CDU folgen, dann wird das GVZ von der Kaje und dem Fluss abgekoppelt und damit vollends zur exklusiven Drehscheibe LKW / Schiene. Wäre nicht das Gegenteil richtig?

 

3.

Herr Röwekamp verspricht Ladung für Bremerhaven und denkt dabei selbstverständlich an einen Schwerlasthafen als Ersatz für den OTB. Fragt man im Neustädter Hafen herum, gehen die Fachleute eher davon aus, dass es Brake wäre, wo der Umschlag am Ende landet, wenn man den Hafen dichtmacht.

 

4.

Die CDU schlägt allen ernstes vor, Wohnungen für 15.000 Menschen in einem Retentionsgebiet der Weser zu errichten. Die Landflächen des Hafens liegen bekanntlich auf 6,50 M über NN. Für Häfen ist sowas möglich. Für Wohngebäude nicht. Wenn die Fläche eingedeicht oder aufgehöht wird, fehlt dieser Raum der Weser bei Sturmfluten. Ein Ersatz ist nirgends im Stadtgebiet in Sicht. In Brokhuchting nehmen wir diese Frage sehr ernst.

 

5.

Auch die CDU hat gemerkt, dass der Neustädter Hafen ziemlich weit draußen am Rand der Stadt liegt. Eine Straßenbahn soll Abhilfe schaffen. Die Straßenbahn passt nur nicht in die Woltmershauser Landstraße. Eine Häuserreihe müsste abgebrochen werden und defizitär wäre sie auch. Das wird also nichts. Der Neustädter Hafen liegt eben nicht wie die Überseestadt rechts der Weser zwischen Innenstadt und Walle, sondern in Lankenau wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Ein Wohngebiet an dieser Stelle wäre ein Satellit ohne Einbindung in die Stadt.

 

6.

Es verfestigt sich der Eindruck, dass sich die CDU in die Büsche schlägt, wenn es um konkrete Stadtentwicklung geht und Wolken schiebt, wenn konkrete Analysen gefragt sind. Erinnert sei hier an das Beispiel der Galopprennbahn in Sebaldsbrück. Dort hat Kollege Eckhoff sich ja neuerdings für einen Park statt Wohnen ausgesprochen.

 

7.

Die neuen Stadtentwicklungsprojekte werden heute am südlichen Europahafen aufgerufen, morgen an der Scharnhorstkaserne und übermorgen auf dem Gaswerksgelände und in den Hallen von Brinkmann in Woltmershausen. Auch der Hohentorshafen wird nicht bleiben wie er ist. Darüber lohnt es sich öffentlich nachzudenken. Hinter Rablinghausen, an der Endhaltestelle der 24, geht es auf lange Sicht um Hafen und Gewerbe und eine schöne Kneipe.

 

8.

Nichts in der Stadt hat eine Ewigkeitsgarantie. Das ist eine Binsenwahrheit. Es ist aber durchaus keine beliebige Frage, was in der politischen Arena zur Diskussion gestellt wird. Die CDU hat sich unter dem Druck der Kritik, die ihr seit der Veröffentlichung ihres Vorschlags entgegenschlägt, prompt zerlegt. Die Köder für die Grünen, die in dem Vorschlag untergebracht sind, sind vergiftet. Es macht Sinn die Situation zu nutzen und zu zeigen, dass wir etwas von Stadtentwicklung und von Wirtschaft verstehen.

 

Robert Bücking

Bau- und Wirtschaftspolitischer Sprecher von
Bündnis 90/Die Grünen in der Bremischen Bürgerschaft