Die Meinung am Freitag, 11.10.2013, von Anne Schierenbeck

Wo sind eigentlich die Strateginnen und Strategen in unserer Partei? Ich meine, wir haben uns jetzt genug darüber ausgetauscht, warum wir unser Wahlziel nicht erreicht haben. Mich nervt es, dass viele das schlechte Ergebnis für ihre Ziele und Zwecke benutzen. Wir haben ein gutes Programm, das mit breiter Beteiligung erstellt wurde.

11.10.13 –

Wo sind eigentlich die Strateginnen und Strategen in unserer Partei?

Ich meine, wir haben uns jetzt genug darüber ausgetauscht, warum wir unser Wahlziel nicht erreicht haben. Mich nervt es, dass viele das schlechte Ergebnis für ihre Ziele und Zwecke benutzen. Wir haben ein gutes Programm, das mit breiter Beteiligung erstellt wurde.

Es muss jetzt darum gehen, was in den nächsten vier Jahren in Deutschland inhaltlich möglich ist: ob die Schere zwischen arm und reich weiter auseinanderklafft, ob ein solidarisches Europa möglich wird, ob Energiewende und Klimaschutz ernsthaft angegangen werden.

Der letzte Woche in Stockholm veröffentlichte IPCC-Bericht müsste dabei ein Weckruf an uns alle sein. Nur mit größten Anstrengungen wird es möglich sein, das 2-Grad-Ziel zu halten. Das heißt: Eine Abkehr von der Kohleverstromung, aber auch eine Verkehrs- und eine Agrarwende sind notwendig.

Für diese Mammutaufgaben haben nur wir Grünen ein Konzept. Deswegen ärgert es mich, wenn wir widerspruchslos hinnehmen, dass die neue Bundesregierung eine Regierung unter CDU-Führung sein wird. Das ist doch keine gute Ausgangslage für Sondierungsgespräche oder Koalitionsverhandlungen!

Ich finde es unanständig, sich nur mit sich selbst zu beschäftigen und die Lösung der Zukunftsaufgaben einfach um vier Jahre zu verschieben. Sich bei der Regierungsbildung in die Schmollecke zu verziehen und das Feld einzig und allein Angela Merkel und Horst Seehofer zu überlassen, ist doch keine Lösung!

Die gleichen Leute in unserer Partei, die jetzt keine Probleme damit haben, die Hälfte unseres Programms über Bord zu werfen, weigern sich, mit den Linken auch nur zu reden. Warum eigentlich?

Ich finde, es ist ein größerer Verrat an unseren Wählerinnen und Wählern, nicht zu unseren Inhalten zu stehen, als neue Partner zu suchen. Was soll denn passieren? Und: Unsere programmatische Übereinstimmung mit den Linken ist – zumindest auf dem Papier – doch sogar größer als mit der SPD.

Rein strategisch gesehen: Selbst wenn wir fast sicher sind, dass am Ende eine Große Koalition dieses Land regiert, müssen wir doch mit den Linken zusammen der SPD ein attraktives Koalitionsangebot machen. Nur so können wir unsere Themen setzen. Zudem  stärken wir die Verhandlungsposition der SPD, statt sie durch eigene Gespräche mit der CDU zu schwächen.

Es ist doch besser, die SPD entscheidet am Ende über die Alternative schwarz-rot oder rot-rot-grün – und muss die Entscheidung vor ihren Wählerinnen und Wählern auch begründen. Nur dann werden die inhaltlichen Alternativen deutlich benannt – und da müssen wir Grünen uns an die Spitze stellen. Ansonsten entscheidet wohlmöglich Seehofer nach Gutdünken über die Zukunft unseres Landes. Und wir schauen nur hilflos zu.