Die Meinung am Freitag, 12.07.2013, von Henrike Müller

Ich meine, dass es manchen „KritikerInnen" innerhalb der Debatten um die Flüchtlingsunterkünfte in Bremen an Empathie und Menschlichkeit fehlt.

12.07.13 –

Ich meine, dass es manchen „KritikerInnen" innerhalb der Debatten um die Flüchtlingsunterkünfte in Bremen an Empathie und Menschlichkeit fehlt.

Die bisherigen Beiratssitzungen zur Unterbringung von Flüchtlingen sind zumeist sachlich und lösungsorientiert verlaufen. Doch immer wieder werden auch „Bedenken" geäußert - sei es als Postwurfsendung, als „Infomail" oder lautstark in den Beiratssitzungen -, die getrieben sind von Selbstsucht, Hartherzigkeit und Fremdenfeindlichkeit. Ja, so deutlich gehört es ausgesprochen.

Das sind keine Bedenken, diffusen Ängste oder gar wohlgemeinte Argumente im Sinne der Flüchtlinge, die in bisherigen Beiratssitzungen von gewählten RepräsentantInnen  und von „besorgten" AnwohnerInnen geäußert wurden. Denn wie sehen die Alternativen aus, wenn wir die „Argumente" einmal mit allen Konsequenzen* durchspielen?

„Unser Stadtteil ist schon belastet und sozial benachteiligt" – stimmt: Wir leben, egal in welchem Stadtteil, in einem benachteiligten Haushaltsnotlageland, wir können uns keine Flüchtlinge leisten. Überlassen wir es besser Griechenland, Ungarn, Spanien und Italien, dort ist die wirtschaftliche Lage viel entspannter als bei uns im armen Bremen.

„Die geplante Unterbringung ist menschenunwürdig" – stimmt: Bremen-Mitte ist kein guter Ort zum Leben, die hohe Kultur-, Ämter-, Cafe- und Verkehrsdichte sind unzumutbar. Oder gar die vorübergehende Unterbringung in Schnellbauunterkünften, unzumutbar. Deshalb sucht das Ressort für Soziales auch dringend nach individuellem Wohnraum, der leider schwer zu finden ist. Denn auch potentielle VermieterInnen argumentieren häufig, „Flüchtlinge passen nicht in die Hausgemeinschaft, sind laut und kriminell, die drücken den Mietspiegel". Ok, ich schlage die schöne Insel Lampedusa vor: da ist es eh viel schöner als in unserer lauten, familienfeindlichen und gefährlichen Großstadt.

„Ein Flüchtlingsheim bedeutet Wertverlust meiner Immobilie" – ach echt? Wenn dem so ist, dann schlage ich als Ort Spanien vor, da sind Immobilien eh nichts mehr wert. Und das Leben eines Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe auch nicht viel, wie die Anzahl der rassistisch motivierten Morde zeigt. Aber da müssen sich die Spanier schon drum kümmern und wenn da nicht bald was gegen Rassismus passiert, gibt's weniger Geld von der EU.

„Wir haben hier schon genügend N... " – ja wirklich: Wo sind nur die schönen alten Zeiten hin, als wir noch schön blond, weiß, piefig und unter uns waren. Ja schön war's, als wir noch keine rassistischen und antisemitischen Mordbanden im Land hatten – wie lange ist das noch her? Sehr lange, oder?

„Wir sind doch nicht verantwortlich" – bei allem Respekt, doch sind wir. Und wer es mir nicht glauben mag, kann gerne beim Papst nachfragen, der sieht es genauso.

Wir nehmen Bedenken von AnwohnerInnen ernst, doch sind wir auch in der Pflicht aufzuzeigen, wie zynisch manche Bedenken in den Ohren derer klingen müssen, die nicht seit 60 Jahren in Wohlstand, Frieden und Sicherheit leben können. Insbesondere ist es unsere Pflicht, rassistischen Vorurteilen mit geradem Rücken zu begegnen. Wer sich mit dem Ziel, WählerInnenstimmen zu gewinnen, wohlfeil anbiedert und lieber Eis isst, wer sich mit rechtspopulistischen Vereinigungen zusammentut, wer AnwohnerInnen mit Falschinformationen gegen Flüchtlinge mobilisiert oder wer einfach nur schweigt,  ist verantwortungslos. Wer, wenn nicht wir, müssen wissen, wie brandgefährlich das enden kann.

Dass es gelingen kann, eine breit getragene ehrliche Willkommensatmosphäre zu schaffen, zeigen die Einrichtungen in Mitte und Schwachhausen. Dort ist die Zusammenarbeit zwischen Beiräten, AnwohnerInnen, Initiativen, Kirchen und den Flüchtlingen selbst von gegenseitigem Respekt geprägt und nicht zuletzt haben die Stadtteile enorm profitiert.

Diese Entwicklungen sind anderen Stadtteilen Bremens sehr zu wünschen.

*Achtung! Achtung! Ironie!

Kategorie

Migration, Integration, Asyl