Die "Meinung am Freitag", 12.12.2014, von Robert Hodonyi

Ich meine, dass wir den neuen „Bürgerbewegungen" wie Pegida eine positive Willkommenskultur entgegensetzen müssen.

12.12.14 –

Am Montag fand in Dresden die 8. Kundgebung von Pegida („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes") statt. Pegida fordert unter anderem eine Verschärfung des Asylrechts, tritt gegen eine angebliche bevorstehende „Islamisierung" Deutschlands auf und warnt vor „Glaubenskriegen auf deutschem Boden".

Das Unheimliche an dieser Bewegung ist einerseits, dass sie mit dem Schüren von diffusen Ängsten und Vorurteilen gegen MigrantInnen und Flüchtlingen innerhalb von nur wenigen Wochen auf über 10.000 Demonstranten angewachsen ist und sich inzwischen in vielen Städten wie München, Bochum oder Düsseldorf Ableger bildet (allerdings bisher weit weniger erfolgreich als in Sachsen).

Andererseits entziehen sich die als harmlose Stadtsparziergänge konzipierten Veranstaltungen dem öffentlichen Diskurs. Es handelt sich sowohl um eine neue außerparlamentarische Bewegung, die sich in Abgrenzung zu „Hooligans gegen Salafisten" (Hogesa) betont friedlich und bürgerlich gibt. Die Bewegung agiert gleichzeitig aber auch „außer-diskursiv" . Die TeilnehmerInnen laufen schweigend, sie werden dazu angehalten nicht mit der „Presse" oder den „Mainstream-Medien" zu sprechen, woran sich auch überwiegend gehalten wird. Die einzige Parole lautet „Wir sind das Volk", eine bewusste Anspielung an den demokratischen Aufbruch in der DDR, der nun jedoch eine völkische Wendung bekommt, da es um die Bewahrung von „deutscher Identität" und „abendländischer Kultur" geht, was auch immer darunter zu verstehen ist.

Hinzukommt eine Demokratieverdrossenheit und das tiefe gesellschaftliche Unbehagen gegen alles Fremde. Die Nichtanerkennung dessen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, unterscheidet die Pegida-Demonstranten in Dresden aus meiner Sicht nicht von der NPD in Berlin-Marzahn oder der AfD in Bremen-Nord, die dort mit den gleichen Parolen versuchen, mit „Bürgerinitiativen" Front gegen neue Flüchtlingsheime zu machen.

Das Zuwanderung als Zumutung begriffen wird, verbindet die neuen Montagsdemonstrationen mit rechten und rechtsextremen Parteien, beide ergänzen und bestärken sich. Eine klare Abgrenzung gegen rassistisches und ausländerfeindliches Gedankengut ist bei Pegida nicht auszumachen. Insofern fungiert die Bewegung auch als weiteres Einfalltor von rechten Positionen in die gesellschaftliche Mitte.

Der nun auch von einigen Innenministern geforderte Dialog mit den „besorgten Bürgern" geht aus meiner Sicht in die falsche Richtung. Zum einen setzt Dialogbereitschaft den Willen auf beiden Seiten voraus, ein Gespräch zu führen. Das ist bei Pegida nicht der Fall. Zum anderen wäre zu fragen, welcher rationale Kern hinter der „Sorge" einer „Islamisierung Deutschlands" steckt. Aus meiner Sicht: keiner. Gerade auch nicht in Dresden, wo der Anteil der Muslime an der Gesamtbevölkerung gerade einmal 0,4 Prozent beträgt. Aber selbst wenn der Anteil höher läge, werden die Parolen von Pegida deswegen nicht richtiger. Aus vielen Studien wissen wir, dass etwa bei jedem fünften Befragten in Deutschland konstant seit vielen Jahren gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit festzustellen ist. Das ist zwar viel, aber es ist eine Minderheit.

Insofern finde ich es wichtiger, das Grundnarrativ solcher Bewegungen zu hinterfragen, nämlich dass sie die authentische Stimme der schweigenden Mehrheit sind. Man muss ihnen den öffentlichen Raum streitig machen und eine positive Willkommenskultur leben und kommunizieren, wie es die Gegendemonstranten in Dresden unter dem Motto für eine „Bunte Republik Deutschland" vormachen.

Robert Hodonyi ist Sprecher des Kreisvorstandes Bremen-Mitte/Östliche Vorstadt.

Die LAG Europa lädt am 29.01. zu einer Veranstaltung mit dem Rechtspopulismus-Experten Alexander Häusler ein, um über Pegida, Hogesa & Co zu diskutieren. Weitere Infos folgen.