Die Meinung am Freitag, 1.3.2013, von Joachim Musch

Ich meine, dass mir Beweihräucherung von grünen Positionen, Personen und Taten völlig fern liegen. Die eigene Partei hat mit Kritik umzugehen, insofern liegt bei mir eher eine starke distanzierte Identifikation statt eines „Fan-Charakters“ vor. In Zeiten der Krisenbeschreibungen, der Skandale und oft fehlender Perspektiven an einer fortschreitenden gesellschaftlichen Gestaltung bin ich diese Woche positiv überrascht worden.

01.03.13 –

Beweihräucherung von grünen Positionen, Personen und Taten liegen mir völlig fern. Die eigene Partei hat mit Kritik umzugehen, insofern liegt bei mir eher eine starke distanzierte Identifikation statt eines „Fan-Charakters“ vor.

In Zeiten der Krisenbeschreibungen, der Skandale und oft fehlender Perspektiven an einer fortschreitenden gesellschaftlichen Gestaltung bin ich diese Woche positiv überrascht worden.

Der ehemalige Bremer Umweltsenator und Vorsitzender der Heinrich-Böll-Stiftung, Ralf Fücks, hat die Vordenkerfunktion der parteinahen politischen Stiftung wahrgenommen und ein wegweisendes Buch geschrieben, das diese Woche von Peer Steinbrück und Kathrin Göring-Eckardt vorgestellt worden ist. Dieses Buch trägt den bezeichnenden Titel „Intelligent wachsen – Die grüne Revolution“.

Ein Blick in das Inhaltsverzeichnis zeigt, dass es sich hierbei um ein Buch handelt, das die Wiederentdeckung des Fortschritts zum Thema hat. Fortschritt in einem „grünen Gewand“. Das Buch greift das Unbehagen am Wachstum auf, es behandelt die Stagnation der Moderne, versucht analytisch die Synthese von Technik und Natur, um dann zu der Erkenntnis zu gelangen, es gilt den Ökopessimismus zu überwinden.

Damit wird – endlich – eine Diskussion in Gang gesetzt, in der wieder Denkmodelle, Utopien, Experimente, also insgesamt gesellschaftliche Gestaltung, über das täglich Machbare und Notwendige in der Politik herausgestellt wird. Ralf Fücks schreibt dazu:

„Gerade in Zeiten großer Verunsicherung brauchen wir eine neue Idee vom Fortschritt. Die Endzeit des fossilen Industrialismus ist zugleich eine Gründerzeit für eine neue, grüne Ökonomie. Statt die Zukunft als eine Welt von Zwängen zu schildern, geht es darum, Begeisterung für die grüne Moderne zu wecken, deren Konturen sich bereits am Horizont abzeichnen. Die Geschichte des Fortschritts ist nicht am Ende. Wir müssen sie nur neu erzählen.“

Dieser Optimismus und diese Begeisterung erfreuen mich. Gesellschaftliche Diskussionen brauchen in ihren Inhalten eine Zielsetzung, die es möglich macht, Begeisterung und Engagement zu entwickeln. Dabei muss nicht jeder Gedanke umgesetzt werden, dabei ist auch nicht jede Erfindung unkritisch zu bejubeln und schließlich wird es auch wieder Rückschläge – wie zurzeit in der Diskussion über Biolebensmittel – geben.

Aber eine Diskussion über die Möglichkeiten einer „grünen Revolution“ und der zukünftigen ökologischen und ökonomischen Gestaltung der Gesellschaft mit einer grünen Utopie verläuft anders als die Erklärung von Sachzwängen, knappen Haushaltsmitteln und gesetzlichen Vorschriften. Dabei ist herauszuheben, dass das Buch von Ralf Fücks nicht bei der Theorie stehen bleibt, sondern eine Fleißsammlung an Ideen, Möglichkeiten und ökologischen Projekten darstellt, die in dieser Anhäufung wirklich deutlich machen, es bewegt sich doch.

Die Grundlagen für eine „grüne Revolution“ sind gelegt durch die Energiewende, die Elektromobilität und durch ökologisches Bauen. Auch wenn biologische Lebensmittel zurzeit in die „Skandal-Kritik“ geraten, so wird es keinen Weg zurück zur konventionellen Landwirtschaft, zur Massentierhaltung und zum Ausrauben der Meere geben.

Die Zusammenführung ökologischer Projekte, Zielsetzungen und Programme hin zu einer grünen Utopie, deren Verwirklichung bereits begonnen hat, darin liegt der positive Ansatz von Ralf Fücks.

Dass dieser Ansatz von einem ehemaligen Umweltsenator aus Bremen kommt, sollte Ansporn für uns sein, die Thesen dieses Buches in der Partei breit und offensiv zu diskutieren.

Joachim Musch

Zur Meinung als pdf.

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Energie | Landwirtschaft/Ernährung | Verkehr