Die Meinung am Freitag 14.3.2014 von Hermann Kuhn

Ich meine, dass Ratlosigkeit nicht auch noch schön geredet werden darf. Die Krim.

14.03.14 –

Am Sonntag werden (Teile der) Bevölkerung der Krim abstimmen über die politische Zukunft der ukrainischen Halbinsel. Das Ergebnis steht fest, und Putin wird es „Selbstbestimmungsrecht“ der Krim-Bevölkerung nennen. Auch wenn wir das unmittelbar nicht verhindern werden, ist es sehr wichtig, dass wir diesen Akt als das Gegenteil von Selbstbestimmung verstehen und bezeichnen: Nämlich als Okkupation der Krim durch eine ausländische Macht, Russland.  Die Abstimmung findet nach der einseitigen Entscheidung des Regionalparlaments statt; und sie findet statt unter den Gewehrläufen russischer Soldaten, ob mit oder ohne Hoheitsabzeichen.

Bis vor zwei Wochen hatte niemand davon gehört, dass russischsprachige Menschen auf der Krim wegen ihrer kulturellen Orientierung verfolgt worden seien; es gab auch keine Bewegung zur Loslösung, da die Krim ohnehin größere Autonomie innerhalb der Ukraine besitzt. Apropos Schröder im Dienste seines Konzerns: Zum Militäreinsatz im Kosovo gab es auch unter den Grünen immer unterschiedliche Meinungen; aber niemand hat die jahrzehntelange Diskriminierung und schließlich massenhafte Verfolgung von Kosovaren geleugnet.

Trennung und Teilung eines Staates sind möglich: Aber nur nach demokratischer Diskussion und in freier Entscheidung. Wie etwa bei der Teilung der Tschechoslowakei. Davon kann heute und am Sonntag auf der Krim keine Rede sein. Es ist die rechtswidrige Annexion eines Teils des souveränen Staates Ukraine, dem Russland selbst im Gegenzug zur Vernichtung der ukrainischen Nuklearwaffen auf Dauer den Schutz der territorialen Integrität zugesagt hatte. Putin handelt dennoch unbeeindruckt, weil er weiß, dass wir, die EU, die NATO, der „Westen“, seine Gewalt nicht mit Gewalt beantworten werden.

Aber wir dürfen aus lauter Ratlosigkeit nicht schönreden, was da passiert; und wir müssen mit den nicht-militärischen Mitteln antworten, die uns als Sanktionen zur Verfügung stehen, auch wenn sie uns selbst auch wehtun. Denn sonst wird Putin zunächst mit der Destabilisierung der Ukraine fortfahren – leben dort vor allem im Osten nicht auch sehr viele Menschen, denen man russische Pässe in die Hand drücken kann, und die dann „um Hilfe rufen“? Und in Lettland und Estland, und und? Nur zusehen ist keine Deeskalation, sondern auf Dauer gerade gefährlich. Das wissen die Nachbarn Russland im Westen und Südosten nur zu gut.

Und wollen wir wirklich die Idee des 20. Jahrhunderts von „Einflusssphären“ wieder akzeptieren? Da würde die Grenze wieder auferstehen, mit der 1939 Hitler und Stalin Osteuropa unter sich aufteilt haben. Die EU ist nicht eine solche „Einflusssphäre“, sondern überwindet dieses Denken gerade. Ihr tritt jedes Volk freiwillig bei, oder auch nicht.

Und zum Schluss eine ganz ratlose Frage: Wieso schweigt Joschka Fischer so beharrlich zu den Äußerungen Gerhard Schröders über den „lupenreinen Demokraten“ Putin?

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Frieden/Internationales