Die Meinung am Freitag, 15.2.2013, von Silvia Schön (MdBB)

Ich meine, ein Schaffermahl ohne Frauen gehört nicht mehr ins Rathaus!

15.02.13 –

Das Schaffermahl - wohl das älteste fortbestehende Brudermahl der Welt - hält offenbar nichts von Frauen. Dabei beruft sich „Haus Seefahrt“ auf Traditionen. Zum ersten Mal 1545 ausgetragen, fand es letzte Woche zum 469. Male statt – wieder ohne Frauen. Doch diesmal skandiert von dem stillen Protest von ca. 500 Frauen. Mag sein, dass damals die Geschicke von Wirtschaft und Gesellschaft weitgehend in der Hand von Männern lagen. Auch wenn diesbezüglich die Geschichtsschreibung sicher einseitig ist. Doch die Gesellschaft hat sich über die Jahrhunderte verändert und hat dazu gelernt. Das Frauenwahlrecht wurde erstritten, Männer und Frauen sind vor dem Gesetz gleich, und weil die Gleichheit im gesellschaftlichen Alltag doch nicht so einfach durchzusetzen ist, gibt es das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Frauen nehmen heute wichtige Funktionen in Gesellschaft und Wirtschaft wahr – wenn auch noch zu wenige. Offene Diskriminierung wie „Frauen wollen wir nicht dabei haben“ ist selten geworden oder wird zumindest nicht öffentlich geäußert.

Haus Seefahrt gehört zu den Ausnahmen. Sie bekennen sich dazu, dass Frauen nicht zu ihnen gehören. Sie beziehen sich auf Traditionen. Wenn es um Tradition im Sinne von Folklore gehen würde, wäre es egal. Es geht aber um die Tradition, durch Kontakte, Netzwerkbildung und Geschäftsanbahnung Macht und Einfluss zu bekommen oder aufrecht zu erhalten. Diese Tradition, die Frauen von der Leitung der Geschicke dieser Welt fernhalten will, hat in einer modernen zukunftszugewandten Gesellschaft nichts zu suchen!

Völlig unverständlich ist für mich, warum gerade jüngere Männer, also unter 55 Jahren, bei diesem Brudermahl mitmachen. Sie sollten aus eigener Erfahrung längst wissen, dass viele Frauen die Geschicke von Gesellschaft und Unternehmen in die Hand nehmen. Können sie sich nicht durchsetzen? Oder wollen sie sich nicht durchsetzen? Oder sind sie gar froh, mal unter sich zu sein? Vermutlich sind sie mindestens stolz darauf, dabei sein zu dürfen! Was es auch sein mag, es spricht meiner Meinung nach nicht für diese Männer!

Frauen werden von Haus Seefahrt vermutlich nicht erzwingen können, sich gegenüber Frauen zu öffnen – auch wenn diese Männer sich damit wichtigen Zukunftschancen verschließen.

Aber: Das Grundgesetz gilt auch im Rathaus! Deshalb ist die Frage erlaubt, ob Teile eines öffentlichen Gebäudes an eine Institution vergeben werden sollten, die sich dermaßen vehement der Gleichberechtigung von Mann und Frau verschließt! Ich meine NEIN! Unter diesen Bedingungen sollte das Rathaus nicht mehr für das Schaffermahl zur Verfügung gestellt werden! Öffentliche Weihen für Diskriminierung darf es nicht geben!

Haus Seefahrt sollte dem zuvorkommen und zum 470. Schaffermahl im nächsten Jahr eine neue Tradition beginnen – mit Frauen. Die Weichen dafür sind jetzt zu stellen!

Silvia Schön

Vizepräsidentin der Bremischen Bürgerschaft

Zur Meinung als pdf geht's hier.

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