Die Meinung am Freitag, 16.09.2016, von Søren Brand

Ich meine, dass wir Grünen die gesellschaftliche Aufgabe haben, generationsübergreifende Themen nicht nur zu vertreten und zu verdeutlichen, sondern zu leben.

15.09.16 –

Quo vadis,  Jugend?!

Ich meine, dass wir Grünen die gesellschaftliche Aufgabe haben, generationsübergreifende Themen nicht nur zu vertreten und zu verdeutlichen, sondern zu leben. Nur durch einen kontinuierlichen und offenen Wissenstransfer, jugendliche Positionen und die klare Einbindung neuer und frischer Ansichten lassen sich grüne Themen auch in Zukunft glaubhaft und kraftvoll vertreten und auf absehbare Zeit unsere Demokratie verteidigen.

Die Nachrichtenmeldungen zur Berliner Jugendwahl waren erfreulich: Mit überwältigender Mehrheit entscheiden sich Menschen unter 18 für demokratische Parteien. Rechtsaußen und Populisten haben kaum bis keine Chancen. Am schönsten ist, dass Rot und Grün mit starken Werten auf den Plätzen 1 und 2 stehen und generell eine Tendenz zu linken und liberalen Positionen besteht. Meine feste Überzeugung, dass es den Kindern und Jugendlichen ideologisch gut geht, bewahrheitet sich hier aufs Neue. Und es ist nicht das erste Mal, dass eine Jugendwahl so ausgeht oder dass Jugendliche mit überwältigenden Mehrheiten Populismus und rechtes Gedankengut ablehnen. Denn Hass, Vorurteile und Ablehnung sind genauso erlernte Verhaltensweisen, wie Zukunftspessimismus. Diese jungen Menschen gilt es, für die Politik zu gewinnen. Doch es gibt dann plötzlich ein riesiges Problem. Die Jugendlichen gehen unserer Gesellschaft für eine Weile „verloren“.  Überall – und seltsamer Weise immer häufiger – werden Parlamente älter, Regierungen erwachsener und Lösungen dadurch pragmatischer. Es fehlt teilweise an Spontanität, verqueren Ideen und auch etwas an Naivität – ja, Naivität. Denn oft haben naive Fragen und Ideen schon positive Veränderungen bewirkt und Verbesserungen verursacht. Ganz klar: Junge Menschen müssen mitmischen.

Doch auch bei Grüns gab es zur Bürgerschaftswahl 2015 leider gegenläufige Tendenzen: Junge Menschen sind erst auf den hinteren Listenplätzen zu finden gewesen und haben bei der Wahl eine verschwindend geringe Chance gehabt, gewählt zu werden. Das große Altersspektrum der vorherigen Fraktion hat sich sogar an beiden Enden verringert, was ich sehr schade finde. Es ist so von 43 Jahren zwischen jüngster Abgeordneter und ältestem Abgeordneten auf 25 Jahre geschrumpft. Uns fehlen dadurch neben wertvoller Lebenserfahrung vor allem auch junge Ansichten. Was mich freut ist, dass dieses in der Fraktion schnell erkannt und mit jungen und frischen Deputierten reagiert wurde. Für die Partei und unsere Auswahl und Aufstellung bei den nächsten Entscheidungsrunden wünsche ich mir das gleiche!

Doch nicht nur bei uns ist das Altersspektrum ein Problem. Letzte Woche hat „buten un binnen“ die drei jüngsten Bürgerschaftsabgeordneten interviewt – von denen nur zwei unter 30 sind. Ich halte das für eine riesige, nicht tolerierbare Lücke. Es ist die Aufgabe aller Parteien, hier umzudenken und umzusteuern. Doch vor allem muss und kann dies eine grüne Aufgabe sein. Wir wollen doch gemeinsam die Zukunft gestalten, tun dies an vielen Stellen aber eher mit wohlwollender Fürsorge. Wir können und müssen dies besser machen! Ich selbst kann, darf und will nicht mehr wie bei den letzten zwei Wahlen (Vorstand und Listenaufstellung) der jüngste oder jüngste männliche Bewerber sein. Ich möchte auch in Bremen eine stärkere Integration von und Auseinandersetzung mit der Grünen Jugend und ganz besonders grünen Studenten, Azubis und Jobanfängern erleben. Wir müssen hier wieder stärker aus uns hinaus- und auf diese Gruppen zugehen. Sie sind unsere Zukunft.

Aber es braucht auch – und das ist viel wichtiger – Dich! Du mit 17, 23, 28 oder drum herum: glaube mir, du wirst gebraucht. Und du solltest dir keine Sorgen machen, dass du nicht gehört würdest oder wenig Chancen hättest. Vielleicht sind einige Entscheidungen dir nicht so lieb oder nicht scharf genug, vielleicht hast du noch keinen Bezug zu Personen oder auch zu Themen. Aber wir kämpfen jetzt schon für dich – und wollen mit dir weiterkämpfen, von dir lernen und dir genauer erklären, warum wir für ein Thema brennen. Und wir wollen unsere Meinung ändern, wenn du uns etwas besser erklärst. Du darfst, sollst und musst mitentscheiden, wie deine Zukunft aussieht und wohin Bremen, Europa und die Umwelt sich bewegen. Denn du und ich werden viel länger mit Entscheidungen und Weichenstellungen leben als die häufig alten, weißen Männer, die Spinnerinnen und Spinner, die momentan so oft in den Nachrichten sind. Und zusammen können du und wir anderen jungen Politiker viel bewegen. Wir sollten nachwürzen. Wir sollten neben dem Rock und Pop der letzten Generationen auch mehr Metal, Rap und Dubstep in die Politik bringen. Und natürlich ganz neue tunes.

„Du musst dein Ändern leben“.