Die Meinung am Freitag, 18.09.2015, von Linda Neddermann

Ich meine, dass die geplante Ausweitung der sicheren Herkunftsländer unmenschlich ist. Es geht wieder los… Die Diskussion um die sogenannten „sicheren“ Herkunftsländer ist erneut entfacht. Gerade letztes Jahr im November hat der Bundestag mit der Zustimmung des Bundesrates Serbien, Bosnien und Mazedonien als „sichere Herkunftsstaaten“ erklärt. Wenn es nach dem Willen der CDU/CSU geht, steht nun eine Ausweitung dieser Liste mit den Balkanstaaten Albanien, Kosovo und Montenegro auf dem Plan. Die SPD hat nichts dagegen- wir Bremer Grünen schon- und das aus guten Gründen!

17.09.15 –

Ich meine, dass die geplante Ausweitung der sicheren Herkunftsländer unmenschlich ist.

Es geht wieder los… Die Diskussion um die sogenannten „sicheren“ Herkunftsländer ist erneut entfacht. Gerade letztes Jahr im November hat der Bundestag mit der Zustimmung des Bundesrates Serbien, Bosnien und Mazedonien als „sichere Herkunftsstaaten“ erklärt. Wenn es nach dem Willen der CDU/CSU geht, steht nun eine Ausweitung dieser Liste mit den Balkanstaaten Albanien, Kosovo und Montenegro auf dem Plan. Die SPD hat nichts dagegen- wir Bremer Grünen schon- und das aus guten Gründen!

Für mich handelt es sich bei der Ausweitung der „sicheren Herkunftsländer“ um bloße Symbolpolitik. Es soll  Menschen vom Balkan abschrecken, nach Deutschland zu kommen. Tatsächlich ist es bisher völlig unklar, ob durch eine Ausweitung überhaupt ein Rückgang von Asylanträgen „erzielt“ werden kann. Traurige Realität ist allerdings, dass die meisten Asylanträge aus diesen Staaten aussichtslos sind und nahezu alle abgelehnt werden.

Aber worüber sprechen wir überhaupt? Ich unterstelle, dass die meisten Menschen gar nicht wissen, welche Zustände beispielsweise im Kosovo oder in Albanien herrschen. Es stimmt, derzeit herrscht im Balkan zwar kein Krieg und es gibt kaum eine wirkliche politische Verfolgung. Das war aber auch schon alles. Denn Armut, Arbeitslosigkeit, geringe Bildungschancen und eine schlechte Gesundheitsversorgung dominieren in den angeblich so sicheren Ländern. Eine organisierte Kriminalität und Korruption sind auf der Tagesordnung. Im Kosovo beispielsweise lebt ein Drittel der Bevölkerung im Elend, ihr Leben ist von Mangelernährung, Obdachlosigkeit und mangelnder medizinischer Versorgung geprägt. Zudem sind kaum staatliche Strukturen vorhanden. Lesben, Schwule und Transgender haben im Balkan keine Rechte und werden verfolgt. Vor allem Roma sind besonders von Diskriminierung betroffen: sie werden ausgegrenzt und häufig körperlich angegriffen. Ihre Kinder werden von der Schule ferngehalten. Sie müssen meist auf engstem Wohnraum zusammenleben ohne einen Strom- oder Wasseranschluss.

Und doch – für deutsche Behörden und Gerichte sind solche Lebensumstände und Diskriminierungen keine Gründe, um ein Asyl anzuerkennen- die Menschen kommen schließlich aus einem "sicheren" Land. Ich sehe es so, dass es hier um elementare Menschenrechte geht, die beschnitten werden. Diese Menschen fliehen vor Diskriminierung und Verfolgung. Sie brauchen unsere Hilfe!

Die politische Schlussfolgerung ist für mich, dass zum einen mehr Aufbauhilfe auf dem Balkan geleistet werden muss. Zum anderen brauchen wir ein neues Einwanderungsgesetz für Menschen aus Staaten, die nicht als Flüchtlinge anerkannt werden. Wir brauchen mehr legale Einreisewege, um Arbeit zu finden oder ein Studium zu beginnen. Im Fokus sollte daher stehen, dass Menschen schnell eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, mehr Unterstützung zum Spracherwerb bekommen und ihnen ein schnellerer Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglich wird. Mir wird schlecht, wenn ich Bundesinnenminister Thomas de Maizière reden höre über europäische Verteilungsabkommen, zentrale Aufnahmelager und über Menschen, die nicht vom Krieg bedroht sind. „Die müssen wir dann eben wieder zurück schicken!“ Es ist eine Ohrfeige für diejenigen, die sich auf eine gefährliche und mühsame Reise begeben haben, in der Hoffnung, ihren Kindern irgendwann eine Chance auf ein besseres und aussichtsreicheres Leben geben zu können.

Ein reiches, wirtschaftsstarkes und stabiles Land wie Deutschland ist jawohl in der Lage nicht nur denjenigen zu helfen, die in großer Not vor dem Krieg fliehen, sondern auch weiteren hilfsbedürftigen Menschen ein sicheres und besseres Leben zu ermöglichen.

Ich finde, dass es keine Rollen spielen darf, woher Menschen kommen und aus welchem Grund sie aus ihrem Herkunftsland fliehen. Helfen sollten und könnten wir in Deutschland noch viel mehr Menschen. Die Süddeutsche titelte vor Kurzem: „Kosovaren auf der Flucht. Sie wollen träumen dürfen.“ Also, packen wir es an!

Kategorie

Migration, Integration, Asyl