Die Meinung am Freitag, 17.1.2014, von Björn Fecker

Ich meine, dass unsere Freude über das Coming-Out eines Fußballspielers in dieser Woche schnell wieder durch die Realität eingeholt wurde.

17.01.14 –

Ich meine, dass unsere Freude über das Coming-Out eines Fußballspielers in dieser Woche schnell wieder durch die Realität eingeholt wurde.

Thomas Hitzlsperger wollte mit dem Bekenntnis seiner eigenen Homosexualität eine Diskussion voranbringen. Vereine, Verbände, Nachrichtenmagazine und Stammtische diskutierten über das Coming-Out des ehemaligen deutschen Fußballnationalspielers. Endlich, so wollte man rufen, ist die Normalität auch im Männerfußball angekommen. In diese Debatte mischte sich aber auch schnell die Frage, ob ein solcher Hype eigentlich angemessen ist.

Im Kern ist es richtig, dass es niemanden etwas angeht, wer mit wem schläft. Dass es aber doch einer breiten Diskussion in der Gesellschaft bedarf, zeigt gerade leider auch ein Mitglied unseres Landesparlaments. Die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Sigrid Grönert unterzeichnete eine Petition gegen den in Baden-Württemberg geplanten Bildungsplan. Dieser Bildungsplan sieht vor, dass Schülerinnen und Schüler die verschiedenen Formen des Zusammenlebens von und mit Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgender, Transsexuellen und Intersexuellen kennen und reflektieren sollen.

Nun mag man sich in der CDU als Hüterin der heiligen Ehe sehen. Die Diskussion, ob eine eingetragene Lebenspartnerschaft mit der Ehe gleichzusetzen ist und ob Homosexuelle Kinder adoptieren sollen, muss unsere Gesellschaft führen. Debatten stärken die Akzeptanz der nachfolgenden Entscheidungen, zumindest, wenn sie mit Sachargumenten geführt werden.

Mit den Sachargumenten ist es aber in der erwähnten Petition nicht weit her. Formulierungen wie „ideologische Umerziehung“ oder „propagierenden neuen Sexualmoral“ findet man in der Regel nicht im demokratischen Wettstreit. Dass Homosexualität dann angeblich auch noch automatisch negative Begleiterscheinungen nach sich ziehe, verwundert nur. Alle Homosexuellen per se zu suizidgefährdeten, psychisch-labilen, alkoholkranken und HIV-infizierten Menschen zu machen, ist dann schon besonders widerlich. Die Unterstützer der Petition möchten daher auch eine „ethische Beurteilung“ der unterschiedlichen Formen des Zusammenlebens durch die Schule.

All diese kruden Argumente, Vorurteile und Unwahrheiten sind nun mit der Unterschrift einer Bremer Abgeordneten versehen. Sigrid Grönert wird sich nicht, wie in der taz bereits versucht, rausreden können, dass man ja mit der eigenen Unterschrift nicht alles automatisch teile, was da so im Text steht, und man ja auch gar nicht so genau wisse, was denn nun genau die grün-rote Regierung im Ländle plant. Das Eintreten für die Ehe kann und darf nicht im Umkehrschluss zu einer Herabwürdigung anderer Formen des Zusammenlebens führen.

Die Frage bleibt bis heute unbeantwortet, wie es nun die Bremer CDU mit den Ansichten ihrer Abgeordneten hält. Bisher ist die christlich-demokratische Bürgerschaftsfraktion immer auf der Seite der NEIN-Sager gewesen, wenn es um die Angleichung der rechtlichen Lebenssituation homosexueller Paare mit der Ehe geht.

Eines immerhin hat diese widerliche Petition deutlich gemacht: Die Euphorie um Hitzlsperger ist der Erkenntnis gewichen, dass Homophobie in unserer Gesellschaft immer noch salonfähig ist und wir deswegen nicht nachlassen dürfen, für die rechtliche aber auch gesellschaftliche Gleichstellung zu streiten. Und ich dachte, wir wären schon weiter. Schade!

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