Die Meinung am Freitag, 19.05.2016, von Marieluise Beck

Ostukraine: Folter durch Separatisten international aufklären

19.05.16 –

Ich meine, dass endlich die Folter durch Separatisten in der Ostukraine international aufgeklärt werden muss. Bislang fehlte es in der Politik jedoch an der Bereitschaft, den Charakter des brutalen Willkürregimes im besetzten Gebiet zur Kenntnis zu nehmen und zu verurteilen. Straflosigkeit aber setzt diese wahnsinnige Brutalität bei manchen Menschen frei, die sie ungehemmt ausleben können, weil sie nicht erwarten, dass sie jemals zur Rechenschaft gezogen werden.

Anfang April war ich im Auftrag des Europarats gemeinsam mit meiner tschechischen Kollegin Kristýna Zelienkova im Rahmen einer Fact Finding Mission zu Menschenrechtsverletzungen in der Ostukraine unterwegs. Wir haben dort auch mit Opfern gesprochen, denen es gelungen ist, aus Folterkellern der Separatisten zu entkommen und in die freie Ukraine zu gehen. Ich habe Fotografien gesehen von ganz fürchterlich zugerichteten Menschen.

Diese Verbrechen an über 4000 Geiseln sind bereits länger bekannt. Bereits im November 2015 fand im Deutschen Bundestag eine Anhörung statt, in der über die schweren Menschenrechtsverletzungen in der Ostukraine berichtet wurde. Ukrainische und russische NGOs führten aus, dass die überwiegende Zahl der Verbrechen auf Seiten der sogenannten Separatisten geschehen und in diesen Gebieten keinerlei Strafverfolgung stattfindet. Auch auf Seiten der Ukraine, so zum Beispiel aus den Freiwilligenbataillonen, wurden Verbrechen bekannt. Jedoch in geringerem Ausmaß. Zudem gibt es hier juristische Ermittlungen gegen die Straftäter.

Offensichtlich scheut sich der Westen, den Tatsachen der Menschenrechtsverletzungen im Donbass Gehör zu verschaffen. Diese drohen, den ohnehin schwierigen Minsk-Prozess aus der Bahn zu werfen. Die Verhandlungen für eine Befriedung des Kriegs in der Ost-Ukraine sind richtig. Dies darf aber nicht dazu führen, die Menschen ihren Peinigern zu überlassen und die Lage derart zu beschönigen, dass ihre Beschreibung jedweder Realität entbehrt.

In diesem Klima der absoluten Willkür und Angst vor jedweder Meinungsäußerung ist an freie und faire Lokalwahlen in den besetzten Gebieten derzeit nicht zu denken. Selbst wenn die OSZE für die Zeit der Wahlen die notwendige Sicherheit herstellen könnte, müssen die Menschen nach einer kritischen Stimmabgabe fürchten, dafür von den Machthabern eingesperrt zu werden. Eine Wahl unter Bedingungen der Unfreiheit droht, die Verantwortlichen von Menschenrechtsverletzungen, Folter und Willkür zu legitimieren.

Diese Sachverhalte gehören auf den Tisch des Normandie-Formats und müssen den Internationalen Gerichtshof beschäftigen. Verbrechen gegen die Menschenrechte dürfen nicht straffrei bleiben.

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Europa | Frieden/Internationales