Die Meinung am Freitag, 21.09.2017, von Jürgen Schierholz

21.09.17 –

„Wer, wenn nicht wir !“

Einst als die Alternative,zum schwerfälligen eingefahrenen Politsystem mit Avantgardeanspruch angetreten, finden wir Grünen uns längst mitten im wuseligen Parteienzirkus wieder und es wird nur noch über Koalitionen spekuliert, anstatt dass wir unsere Basics und die Unterschiede herausstreichen.

Und wir müssen gar erleben, dass uns ein Konglomerat aus rechten Neoliberalen und Neonazis den Begriff der Alternative streitig macht. Die Kanzlerin bedient für ihre Klientel ein diffuses Wohlfühlmilieu... “uns ging es noch nie so gut“ und profitiert von den grossen Unsicherheiten in der Welt. So entpuppen Trump, Erdogan, Putin und Kim Jong Un sich als ihre besten Wahlkampfhelfer, indem sie Unsicherheiten und Angste wecken. Denn laut Umfragen wünschen sich 78% aller Bürger, dass ihnen der Staat ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit gibt, und genau das vermittelt ihnen "Mutti" bei ihren internationalen Auftritten.

Die wirklich ernsthaften Probleme, wie der globale Klimawandel mit all seinen Folgen, als da seien: Unwetter, Missernten, Flüchtlingsbewegungen, die digitale Revolution mit ihren bedrohlichen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die bürgerlichen Freiheiten, die industrielle Landwirtschaft mit all ihren unübersehbaren Folgen, das wachsende Dienstleistungsprekariat - das wird insbesondere von den grossen Parteien sträflich ignoriert. Die neue grosse Unübersichtlichkeit in der Welt, gekoppelt mit technologischer Beschleunigung und medialer Omnipräsenz, überfordert nicht mehr nur die weniger gebildeten Bürger, die einfach nur auskömmlich und sicher in überschaubaren Verhältnissen zu leben wünschen.

Natürlich gibt es diese Welt längst nicht mehr, nur die rechten Rattenfänger versuchen genau das zu verkaufen. Und hier sind wir gefragt, die richtigen Antworten zu geben, unsere Heimat verteidigen, indem wir Natur und Umwelt ebenso schützen, wie unsere liberale Rechtsordnung, die uns vor Faustrecht und Faschismus bewahrt und unsere Verantwortung gegenüber unseren Mitmenschen wahrnehmen, die nicht an althergebrachten nationalen Grenzen haltmachen darf. Wer will schliesslich unsere Mitverantwortung für Probleme in Nahost oder in Afrika bestreiten, die zu den heutigen Flüchtlingsbewegungen führten?

Wer am 24. zynische Spassvögel, die sich als Hipster verstehen, esoterische Miniparteien, ob Veganer ob Tierschützer oder Maoisten, wählt, wer seine Wut bei dem rechten Versprechen Afd kanalisiert findet, der gefährdet unser gemeinsames Heim - das sollte jedem klar sein. Wenn wir wenigtens etwas von unserem Programm durchsetzen können, wie zeitnaher Ausstieg aus der Kohle, staatliches Wohnungsbauprogramm, Mindestrente, Bürgerverscherung, mehr Bildungsgerechtigkeit, Agrarwende, Einstieg in den Ausstieg aus der Verbrennungsmotortechnologie, Schluss mit Leiharbeit und befristeten Verträgen, dann würde ich sogar mit ungeliebten politischen Gegnern koalieren. Wir müssen das Beste herausholen, um einen Kurswechsel mit einzuleiten.