Die Meinung am Freitag, 21.11.2014, von Sabine Mehlem

Ich meine, dass ich etwas zu verbergen habe. Meine Privatsphäre nämlich; alle die Dinge, die ich tue und denke, die Dritte - und vor allem die Geheimdienste - gar nichts angehen.

21.11.14 –

Ich meine, dass ich etwas zu verbergen habe. Meine Privatsphäre nämlich; alle die Dinge, die ich tue und denke, die Dritte - und vor allem die Geheimdienste - gar nichts angehen.

Heutzutage gibt es aber Menschen, die glauben, sie könnten der Überwachung entgehen, weil sie doch „nichts zu verbergen haben". So nach dem Motto, „ich bin kein Terrorist, da kann mir doch nichts passieren." Diese Ansicht geht von einem Denkfehler aus. So ist es z.B. ein absoluter Mythos, dass es bei der umfassenden Überwachung durch die Geheimdienste um das angebliche Aufspüren von Terroristen geht. Nein, darum geht es nicht! Oder glaubt irgendjemand, dass tatsächlich ein Terrorist so blöd ist, Mails zu schreiben, in denen er seine Terroranschläge ankündigt?! Nein, die allumfassende Überwachung soll auch soziale Bewegungen und deren politischen Absichten erfassen. Denn mit der Zusammenführung und Auswertung der Daten lassen sich interessante Analysen über soziale Bewegungen erstellen. Und jede Information kann gegen uns verwendet werden, dass ist das Wesen der Überwachung.

Ein anderer Mythos ist, dass es bei der Überwachung und Erfassung von Daten fehlerlos zugeht, sprich die Dienste schon „die richtigen" finden werden und die unschuldigen Lämmchen nicht erfasst werden. Hierzu möchte ich auf den Vorfall „Graudenzer Strasse" eingehen. 1981 hatte der Bremer Verfassungsschutz in der Graudenzer Strasse (Neustadt) eine Wohngemeinschaft beobachtet. Die „Zielobjekte" hatten die Beobachtung mitbekommen, stürmten die Wohnung der Verfassungsschützer und klauten diesen u.a. ein Notizbuch. In diesem Notizbuch waren die verschiedenen Personen, die über Wochen von den Verfassungsschützern beobachtet waren, vermerkt. Bei einem anschließenden Treffen der Überwachten stellte sich heraus, dass es sich fast durchweg um Personen handelte, die irgendetwas mit der linken Bremer Szene zu tun hatten – Wohngemeinschaften, Theatergruppen etc.

Nur ein Mann - ein Doktorand der Bremer Universität - hatte gar nichts damit zu tun und wies auch auf dem Treffen daraufhin, dass er „anders als die anderen Überwachten sei", und so gar nichts mit der linken Szene zu tun habe. Dieser Mann konnte sich nicht erklären, warum er überwacht worden war, obwohl die Überwachung ziemlich offensichtlich war; in seinem Falle stand öfter ein Auto des Verfassungsschutzes gegenüber seines Hauseinganges. Warum war also „das unschuldige Lämmchen" überwacht worden? Dieser Mann hat schließlich vor dem Verwaltungsgericht Bremen auf Herausgabe und Löschung seiner Daten erfolgreich geklagt. Es stellte sich dabei heraus, dass er ins Objekt der Verfassungsschützer geraten war, weil er den gleichen Namen trug wie ein (damals) gesuchter deutscher Terrorist. Den Verfassungsschützern war übrigens nicht aufgefallen, dass dieser Mann dem gesuchten Terroristen so gar nicht ähnlich war. Sie fanden es offensichtlich auch nicht merkwürdig, dass dieser Mann ein Doktorand an der Universität war – für sie reichte die bloße Namensidentität aus, um den Mann zu bespitzeln. So schnell kann man als unschuldiges Lämmchen ins Visier der Dienste geraten!

Deshalb sollte es uns allen klar sein; wir haben alle etwas zu verteidigen, nämlich unsere Privatsphäre! Auch das Internet löst die Prinzipien des Rechtsstaates nicht auf; wir haben ein Recht auf Meinungsfreiheit und Datenschutz. Hände weg von der Erfassung unserer Daten, leisten wir digitalen Widerstand!

Sabine Mehlem, AK Technik

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Datenschutz