Die Meinung am Freitag, 22.5.2015, von Anne Schierenbeck

Ich meine, dass wir Grünen die Partei sind, die in unserer Gesellschaft und in der Politik unheimlich viel für die Inklusion erreicht hat.

22.05.15 –

Ich meine, dass wir Grünen die Partei sind, die in unserer Gesellschaft und in der Politik unheimlich viel für die Inklusion erreicht hat. Eine wirklich inklusive Partei sind wir aber – noch – nicht. Das zeigt nicht zuletzt das Ergebnis der Bürgerschaftswahl. Die Grüne Jugend ist nicht vertreten. Die MigrantInnen haben es nicht auf aussichtsreiche Listenplätze geschafft. Wenn Horst nicht mehr dabei ist, haben wir keinen Rollifahrer in unseren Reihen mehr.

Ich möchte, dass Inklusion bei uns selbst beginnt. Deswegen müssen wir Barrieren abbauen und Fahrstühle einbauen, wo es erforderlich ist. Vor allem aber brauchen wir Fahrstühle in unsere Herzen und Köpfe. Es muss doch möglich sein, die Vielfalt der Menschen, die sich für grüne Politik engagieren wollen, so zu akzeptieren, wie diese Menschen sind. Das heißt aber auch: Nicht unsere Regeln gelten für alle, die bei uns mitmachen wollen. Sondern: wir überdenken unsere „Formate", probieren etwas Neues aus, gehen auf Neue zu.

Überprüfen sollten wir unsere inneren Leitbilder, gerade in der Fraktion. Angetrieben von einem „protestantischen" Arbeitsethos haben wir keine Sitzung versäumt, kiloweise Anträge und Anfragen produziert und eloquente Diskussionen geführt. Die „Bilanz der Fraktion" ist konsequenterweise eine Auflistung dieser Antrags- und Anfragenflut. Wir haben zahlenmäßig neue Rekorde erreicht und viele „Fleißsternchen" gesammelt. Das darf aber nicht dazu führen, dass wir diejenigen abwerten, die nicht in dieses Schema passen!

Ich wünsche mir, dass wir mehr respektieren, was ebenso wichtig ist, aber vielleicht nicht so sichtbar und messbar nach diesen Maßstäben. Wenn ich angesprochen werde: „Dein Kollege, der sitzt doch den ganzen Tag im Café." Dann möchte ich mit Respekt und Stolz antworten: „Ja und erreicht durch seine Gespräche viel mehr Menschen als ich und kann sie für grüne Themen interessieren." Wenn es heißt: „Das ist aber ein schräger Vogel", dann istdie Antwort: „Ja, aber er hat eine Rede in der Bürgerschaft gehalten, die die Konventionen gesprengt und mir deutlich gemacht hat, warum ich eigentlich Politik mache."

Das heißt nicht, dass jede/r tun und lassen soll, was er oder sie will. Aber: wir müssen in unserer Partei, in unserer Fraktion offener werden für andere Arbeitsstile und Denkweisen. Nur so können wir Menschen ermutigen, zu uns zu kommen. Das ist keine „Willkommenskultur", sondern ein normaler, respektvoller Umgang miteinander, der das anerkennt, was jede und jeder einzelne beiträgt. Ich bin mir sicher, dass wir alle davon profitieren, wenn wir nicht immer nur nach „Schema F" Politik machen, sondern auch mal anders. Das würde mich bereichern, das ist für mich Inklusion.