Die Meinung am Freitag, 26.06.2015, von Matthias Güldner

Ich meine, dass vor kurzem unter uns noch der Konsens zu herrschen schien, dass der Punkt „Weservertiefung" in den Koalitionsverhandlungen erst nach dem EuGH-Urteil vom 1. Juli gelöst werden sollte.

27.06.15 –

Ich meine, dass vor kurzem unter uns noch der Konsens zu herrschen schien, dass der Punkt „Weservertiefung" in den Koalitionsverhandlungen erst nach dem EuGH-Urteil vom 1. Juli gelöst werden sollte. Diese Auffassung teile ich noch. Nun bekennen sich die Grünen am Dienstag dieser Woche medien-öffentlich zur Vertiefung der Außenweser. Die konkreten Folgen und die Außenwirkung halte ich für fatal und unnötig.

Doch zunächst kurz zurück auf „los". In den Koa-Verhandlungen 2007 standen wir Grüne vor einem großen Problem: Die Große Koalition in Bremen und die schwarz-gelbe in Nds. hatten mit der Bundesregierung eine weitere Vertiefung der Weser beschlossen. Ohne großen Nutzen für die Schifffahrt, aber mit allen bekannten Folgen für Sturmflutgefahr oder Versalzung der Wiesen in der Wesermarsch. Als wir Grünen 2007 nach einem Wahlkampf unter dem Motto „Wir können alles vertiefen, außer der Weser" mit der SPD verhandelten (den niedersächsischen Grünen erging es einige Jahre später genauso) scheiterten wir schmerzlich daran, diese von der SPD gefassten und bereits in Umsetzung befindlichen Beschlüsse in einer Koalition mit der SPD zurückzuholen. Unsere Haltung damals: wir sind klar gegen die Weservertiefung an allen drei Flussabschnitten, können die politischen Beschlüsse aber nicht mehr zurückholen und vertrauen auf den Klageweg, den der BUND später auch unter großem Aufwand beschritten hat.

Dieser Klageweg kommt jetzt mit dem EuGH-Urteil in eine entscheidende Phase. Zwar entscheidet danach noch das Bundesverwaltungsgericht, da aber die europäische Wasserrahmenrichtlinie im Mittelpunkt steht, gilt der Spruch aus Luxemburg als wegweisend. Die Anwälte des BUND sind sehr optimistisch, was die Aussichten angeht.

Vor diesem entscheidenden Schritt des BUND zur Verhinderung der Vertiefung aller drei Flussabschnitte, den wir Grünen als Geschenk des Himmels betrachten sollten, um unsere eigentliche inhaltliche Position letztendlich auch politisch durchsetzen zu können, ein klares Bekenntnis zur Vertiefung der Außenweser abzulegen, irritiert in höchstem Maße. Zwar machen viele von uns Grünen eingebrachten Verbesserungen für die weiteren Flussabschnitte ab der Bremerhavener Südgrenze guten Sinn und dienen der ökologischen Flusssanierung. Das Bekenntnis zur Außenweservertiefung hat sich aber – wenn sich die erwartete Rechtsposition durchsetzt – möglicherweise schon nächste Woche überholt. Wie stehen wir Grünen dann da? Wie gehen wir dann mit unserem vorab gemachten Bekenntnis um?

Noch ein Wort an dieser Stelle zum Umgang mit Grünen Parteimitgliedern. In der vom Landesgeschäftsführer im Namen der Verhandlungskommission an die Mitglieder verschickten Mail heißt es zu diesem Thema (Zitat aus der Rund-Mail vom 24.06.:

„Die Entscheidungen der Gerichte – unabhängig davon, wie sie ausfallen werden – werden Abwägungen erforderlich machen. Für diese Abwägungen haben wir Grundsätze vereinbart: Die Vertiefung von Unter- und Außenweser werden unter wirtschaftlichen und ökologischen Kriterien getrennt bewertet; die Unterweser mit ihren Nebenflüssen befindet sich bereits jetzt in einem schlechten ökologischen Zustand und dieser muss – unabhängig von einer Weservertiefung – verbessert werden. Dazu sollen umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen in Bremerhaven und Bremen durchgeführt werden. Zudem sollen über das jetzige Verfahren hinausgehende Flussvertiefungen überflüssig gemacht werden, indem Bremen sich, wie beim Jade-Weser-Port, für die Kooperation der norddeutschen Häfen einsetzt."

Kein Wort über das erfolgte Bekenntnis der Grünen zur Vertiefung der Außenweser, die der Landesvorsitzende noch am Vorabend bei Buten & Binnen verkündet hatte und die ja auch vereinbart wurde. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Maike Schaefer ist bei dem Thema anderer Meinung - lest sie hier!