Die Meinung am Freitag, 27.09.13, von Marieluise Beck.

In dieser Woche fragen wir uns in Bremen und Berlin, worin die Ursachen unseres enttäuschenden Wahlergebnisses liegen. Wir alle tasten uns noch vor, bei mir fügt sich folgendes Puzzle zusammen...

26.09.13 –

Meine Schlussfolgerung zum Wahlergebnis

In dieser Woche fragen wir uns in Bremen und Berlin, worin die Ursachen unseres enttäuschenden Wahlergebnisses liegen. Wir alle tasten uns noch vor, bei mir fügt sich folgendes Puzzle zusammen:

1. Wir haben unsere Kernthemen - Umwelt- und Klimaschutz, Energiewende, ökologischer Umbau der Wirtschaft - nicht deutlich genug herausgestellt.

2. Unser Steuerkonzept hatte so viele Komponenten, dass der Eindruck entstand: Das wird uns alle treffen.

3. Wir haben uns zu sehr an der Kanzlerin und ihrer Koalition abgearbeitet, statt eigene Zukunftsperspektiven anzubieten.

4. Der sog. Veggie-Day machte die Zuschreibungs als "Verbotspartei" perfekt. Grüne Wählerinnen und Wähler sind Individualisten. Sie wollen frei sein, ihre ethische Verantwortung selbst bestimmen und nicht moralisch bevormundet werden.

5. Die Pädophilie-Debatte hat uns geschadet, denn nach weidlich ausgelebter Beschuldigung anderer (z.B. der katholischen Kirche) war unsere Fallhöhe überwältigend. Dazu ein AUDI A 8 wegen 'Rückenleidens' eines Staatssekretärs ... Wir sind eben doch nicht die besseren Menschen. 

6. Wir Grünen sind keine Linkssozialdemokraten. Nicht umsonst kämpfte die erste grüne Fraktion erbittert darum, im 10. Deutschen Bundestag in der Mitte des Parlaments platziert zu werden. Unsere Themen Ökologie, Bürgerrechte, Sozialpolitik, Menschenrechte lagen und liegen quer zu dem alten Koordinatensystem der anderen Parteien. Mit dem Lagerdenken und einem Lagerwahlkampf haben wir uns aus dieser Verortung verabschiedet. Drei linke Parteien werden zu kommunizierenden Röhren, die Wählerinnen und Wähler unter sich umverteilen. Und in diese Falle haben wir uns selbst begeben. Wir haben 420.000 Stimmen an die CDU (!) verloren und 550.000 an die SPD. 40.000 kamen von der Linken. Wenn wir diese Botschaft nicht verstehen, sind wir nicht zu retten.

Jetzt gilt es, das „Grüne“ im Grün wieder zu stärken. Wir müssen als Partei des Aufbruchs in die ökologische Moderne, der demokratischen Teilhabe, der sozialen Bürgerrechte, der nachhaltigen Finanzpolitik, der Förderung von Bildung und Wissenschaft, der Leidenschaft für Europa wahrgenommen werden. 

Aber vor allem brauchen wir wieder mehr Freundlichkeit, mehr Herzenswärme, mehr Zugewandtheit zu den Menschen - so wie es unsere wunderbare Christine mit ihrer Lebendigkeit und Menschlichkeit uns vorgelebt hat.