Die Meinung am Freitag, 27.9.2013, von Anja Stahmann.

Auf Sonne folgt Regen, auf Regen folgt Sonne... mal gewinnt man Wahlen und mal auch nicht. Zum Teil ist es eigenes Verdienst oder Versagen, zum Teil sind es die Zeitumstände, es ist die politische Großwetterlage, die ein Ergebnis massiv beeinflusst.

27.09.13 –

Auf Sonne folgt Regen, auf Regen folgt Sonne... mal gewinnt man Wahlen und mal auch nicht. Zum Teil ist es eigenes Verdienst oder Versagen, zum Teil sind es die Zeitumstände, es ist die politische Großwetterlage, die ein Ergebnis massiv beeinflusst.

Und nach dem 22. September 2013? Welchen Anteil hat Petrus, welchen wir selbst?

Klar ist: Ungeachtet einer guten Ausgangslage haben wir an Zustimmung verloren im Wettbewerb der Parteien. Trotz Stolperstart von Steinbrück und offenen Auseinandersetzungen bei den Linken. Und trotz des politische Einwortprogramms der CDU: Merkel.

Wir dagegen haben das gefühlt basisdemokratischste, grünste und allumfassendste Programm aller Zeiten verfasst, auf hunderten von Seiten. Wir haben unsere politischen Ziele in einem aufwendigen Prozess formuliert. Und am Ende standen wir schneller als wir gucken konnten in der Ecke: als ewige Besserwisser, Verbotspartei, Regelwütige und Oberlehrer.
Sind wir nicht eigentlich das Gegenteil? Sind wir nicht die Experimentierer, die Entdecker, die Forscher, die Querdenker, die Freiheitsliebenden, individuelle Lebensentwürfe möglich machenden? Sind wir nicht die Kindsköpfe und die Kreativen? In diesem Wahlkampf konnten wir diesem Selbstbild jedenfalls nicht gerecht werden. Wir habe es dem politische Gegner all zu leicht gemacht, uns in eine Ecke zu stellen, in die wir nicht wollen, und in die wir nicht gehören.

Meiner Meinung nach waren wir zu weit weg von den Menschen mit ihrem Alltag. Ein Programm ist politisch unverzichtbar, aber damit alleine gewinnt man nicht die Herzen der Wähler. Wahlen sind auch eine emotionale Angelegenheit. Wir waren zu verkopft, zu verzettelt, zu sehr im Detail statt in den großen Visionen. Das hat uns in die Defensive gezwungen, immer nur dementieren, erklären, erläutern.

Politik machen heißt auch: Immer einmal mehr aufstehen als umgeworfen werden. Was also können wir gewinnen nach den Stimmenverlusten?

Neuen Mut, unsere großen politischen Visionen offensiv und kreativ zu vertreten, den Blick für das Ganze zu erhalten, sich nicht verzetteln. Mehr Mut, weniger Perfektion und Hochglanz. Aber bitte nicht zurück in die 80er. Wir müssen Antworten finden auf die Fragen von heute und morgen. Das ist mehr als Ökologie und Energiewende, mehr als Steuerkonzepte und Kitaausbau.

Und was können wir Cem, Claudia, Katrin und Jürgen vorwerfen? Sie haben ein gut sichtbares Kleeblatt gebildet, die wertvolle Vielfalt an grünen PolitikerInnen und die Bandbreite unserer Partei repräsentiert. Ich fand das gut, und sie haben sich gut geschlagen. Ich bekenne aber auch: Claudias Stärken wurden zu wenig genutzt, mit ihrer dynamischen, kämpferischen, lebendigen und herzlichen Art. Ein bisschen mehr Claudia, das hätte dem Wahlkampf gut getan.