Die Meinung am Freitag, 29.09.2017, von Karsten Seidel

28.09.17 –

Ich meine, es ist eine weise und verantwortungsvolle Entscheidung für die Zukunft der Stadt, als senatorische Behörde auf ein integriertes Verkehrskonzept für Bremen zu setzen, statt die Elektromobilität einseitig zu fördern. Neben vielen bereits genannten Aspekten ist dies besonders aus Sicht der Beiratsarbeit begrüßenswert! Wir Beiräte übernehmen immer öfter Aufgaben, die eigentlich der Polizei oder dem Stadtamt obliegen. Hierzu gehören bauliche Maßnahmen um rücksichtsloses Falschparken und Raserei durch Autos einzudämmen. Da ist es egal, wie diese angetrieben werden.

Wir haben zum Beispiel in Walle im Ausschuss für Bau und Verkehr immer wieder mit Bürgeranfragen zu tun, die keinen Unterscheid zwischen dem Antrieb der KFZ machen. Da geht es um gedankenloses bis rüpelhaftes Falschparken. Auch vor Schulen, auf Überwegen, an Kreuzungsecken. Es werden Bürgersteige so zugestellt, dass weder Menschen mit Rollatoren noch Kinderwagen auf dem Fußweg zwischen Zaun und Auto vorbeikommen.

Auch die Raserei in kleinen und großen Straßen und die Benutzung von Schleichwegen hängt nicht vom Antrieb ab. Das Überfahren von Rotlicht bei Fußgängerampeln ist ebenfalls ein häufiger Beschwerdegrund.

Diese Verkehrsprobleme können durch eine massive Reduzierung der Anzahl der KFZ und auch wieder durch deren Verkleinerung angegangen werden. Und eben nicht mit Elektromobilen, die allein deshalb schon nicht umweltfreundlich sind, weil sie genauso leistungsstark und groß sind wie bisherige KFZ daher kommen und somit keine qualitative Verbesserung darstellen. Eine gedeihliches Miteinander auf den Straßen braucht ein integriertes Konzept mit einem starken Umweltverbund: die systematische Förderung der Fortbewegung zu Fuß, per Fahrrad und mit dem öffentlichen Nahverkehr, der perspektivisch immer öfter elektrisch angetrieben sein wird und das nicht nur bei der Straßenbahn. In diesem Zusammenhang werden die  im Verkehrsentwicklungsplan 2025 entwickelten Fahrrad-Premiumrouten und die Beruhigung von Wohnquartieren ausdrücklich begrüßt. Hierzu gehört für uns in Walle auch der Umbau des Osterfeuerberger Rings von einer „autogerechten Schneise“ der 60-ziger Jahre zu einer Allee mit einem integrierten und sehr guten Angebot an alle Verkehrsteilnehmer.

Grüne und SPD gemeinsam haben zudem das Verkehrskonzept „Walle Central“ erarbeitet, welches in der nächsten Ausschusssitzung am 16.10.2017 vorgestellt werden soll. In diesem Konzept finden sich viele deckungsgleiche Anliegen mit den von der Behörde formulierten Zielen und dem was den Menschen in Bremen verkehrsmäßig wirklich hilft. Wer in Bremen nahe bei den Arbeitsplätzen wohnt, braucht keine lauten und großen Autotrassen durch Wohngebiete, sondern Straßen, die allen Verkehrsteilnehmern ein ruhiges Auskommen miteiander erlauben. Straßen, die den Bremer Bewohnern die Einhaltung von Schadstoff- und Lärmgrenzwerten garantieren können.

Dann, erst dann, kann auch die individuelle Elektromobilität mit Elektro-Pkw ihren Beitrag leisten und Schadstoffe und Lärm in der Stadt reduzieren helfen.

Wir als brauchen trotz guter Konzepte eine bessere „Vermarktung“, bzw. Vermittlung derselben, sonst verstehen viele Menschen nicht, was Miteinander ist und denken weiter nur: „me first“.

Ich meine Lebensqualität findet im Kontakt der Menschen statt, und nicht indem ich abgeschottet in einem SUV hoch über der Straße sitze und für die Klimaanlage den Motor laufen lasse, statt auszusteigen oder die Fenster runter zu kurbeln, wenn es draußen heiß ist. Unsere Botschaft mit einem integrierten Verkehrskonzept ist: Qualität ermöglichen statt Verbote auszusprechen!

 

Karsten Seidel ist Mitglied des Beirates in Walle.