Die Meinung am Freitag, 30.5.2014, von Henrike Müller

Ich meine, dass die Frage, wohin mit Europa, auch nach der Wahl unbeantwortet bleibt.

30.05.14 –

Ich meine, dass die Frage, wohin mit Europa, auch nach der Wahl unbeantwortet bleibt.

Europa verliert die Mitte – so kann, sehr vereinfacht aber umso deutlicher, das Ergebnis der Europawahlen wohl beschrieben werden. Wir müssen uns nun mit einem rechten, nationalistischen Populismus im Nordwesten und einem linken Populismus im Süden Europas auseinanderzusetzen. Für die Mitte im Europäischen Parlament wird es also ab sofort eine große Herausforderung sein, funktionierende Mehrheiten zu finden. Das kann mühselig werden, darin liegt aber auch die Chance die politische Arbeit im Europäischen Parlament aufzuwerten und somit für die Öffentlichkeit attraktiver zu machen.

Zur europapolitischen Chance kann die Zerfaserung des Wählerwillens an den Rändern allerdings nur werden, wenn die Mitte und damit der Europadiskurs der etablierten Parteien den Verlust an Zustimmung auch wirklich wahr- und ernstnimmt. Bedeutet dies doch, dass die Mitte keine Antworten auf drängende Fragen der Zukunft Europas zu liefern hatte. Und in der Tat war im Wahlkampf zu beobachten, dass grundlegende Fragen den europäischen Miteinanders – wie auch immer man sie bewerten mag – von den Rändern des politischen Spektrums zu vernehmen waren. Die Etablierten verloren sich in einem merkwürdigen Einheitsbrei, Unterschiede herauszuarbeiten gelang selten – so bietet man keine Wahlalternativen an. Ebenso auffällig war die Kleinteiligkeit der Debatten: zu selten ging es um grundsätzliche Fragen der Verfasstheit dieser Europäischen Union, um das Verhältnis Europas zu seinen Nachbarregionen, um ein Selbstverständnis dieser sehr gewachsenen und heterogenen Union. Hierauf wollen die BürgerInnen Antworten: die Mitte und wir mit ihr lieferten sie oft nicht.

Meint also, Europapolitik braucht Opposition und kritische Begleitung im nationalen Kontext – vor allem nach der Wahl. Vor allem jetzt, wo wir beobachten können, wie das Wahlversprechen einen EU-Kommissionspräsidenten mitbestimmen zu können, von nationalen Regierungen, nicht zuletzt unserer, Gefahr läuft, gebrochen zu werden. Wenn man die politischen Ränder noch weiter stärken will, dann macht man das so.

Die notwendige Opposition können unsere EP-Abgeordneten allein nicht leisten, hier sind wir vor Ort aufgerufen uns zu positionieren – kontinuierlich, streitbar und kompetent. Das bedeutet auch, dass Europapolitik auf allen Ebenen mehr Bedeutung beigemessen werden muss, hier gibt es auch bei uns – wie es die „heute show" letzte Woche sehr deutlich veranschaulichte – noch viel Luft nach oben.

Flüchtlingsunterbringung, Lärmschutz, Wirtschaftsförderung, Frauenförderung, Forschung und Wissenschaft, Arbeitsmarktpolitik, Stadtentwicklung u.v.m. – das alles ist Europapolitik. Das müssen wir noch deutlicher machen, denn Europa ist unser Alltag und steckt eben überall drin.

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Europa