Die Meinung am Freitag, 31.10.2014, von Robert Hodonyi

Ich meine, dass wir auf die Allianz zwischen Hooligans und Nazis neue Antworten finden müssen.

31.10.14 –

Ich meine, dass wir auf die Allianz zwischen Hooligans und Nazis neue Antworten finden müssen.

Es waren gespenstische Bilder. Ein aggressiver Mob aus Autonomen Nationalisten, NPDlern, Hooligans, Rechtspopulisten von Pro NRW und Rockern verwandelte unter dem Live-Sound der Bremer Band Kategorie C die Kölner Innenstand in eine No-go-area für Andersdenkende und Andersaussehende. Auch Journalisten wurden gejagt, Polizisten angegriffen und verletzt.
Einer der größten rechten Aufmärsche seit 1945 mit fast 5000 TeilnehmerInnen fand genau in der Stadt statt, wo zehn Jahre vorher, 2004, der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) 22 Menschen in der Keupstrasse mit einer ferngezündeten Nagelbombe zum Teil schwer verletzt hatte. Auch bei der Demo 'Hooligans gegen Salafisten' wirkten die Sicherheitsbehörden überfordert, versagte der Staatsschutz im Vorfeld, war man von der Teilnehmerzahl, der Dimension und dem Ausmaß an Gewalt und Aggression völlig überrascht.

Die Chiffre des Kampfes gegen den zweifellos mehr als kritikwürdigen 'Salafismus', wie ihn Pierre Vogel und andere predigen, bedient dabei Affekte gegen den Islam als Ganzes, derzeit eines der stärksten Polarisierungs- und Mobilisierungsinstrumente von nationalistischen und rechtspopulistischen Parteien und Bewegungen in ganz Europa auf regionaler und nationaler Ebene.

Die Islamkritik ist auch im bürgerlichen Milieu anschlussfähig, wie nicht zuletzt die starke mediale Resonanz und Rezeption der muslimfeindlichen und zum Anteil rassistischen Thesen von Thilo Sarrazin bis zur AfD zeigen. Somit inszenieren sich Gruppierungen wie 'Hooligans gegen Salafisten' als militanter und schlagkräftiger Arm der schweigenden Mehrheit, die sich angeblich nicht getrauen würde, zu sagen, was sie denke. Irgendwer müsse ja, so die verquere Logik, der 'Scharia-Polizei' und IS-Anhängern auf deutschen Straßen Paroli bieten.

Die in den letzten Jahren zunehmend in die Defensive geratene Mobilisierungsfähigkeit des rechten Spektrums zu Großdemonstrationen könnte jetzt neu belebt werden. Der Schulterschluss zwischen angeblich unpolitischen, aber bundesweit bestens vernetzten Hooligans und organisierten Nazis ist kein neues Phänomen, findet jüngst aber unter veränderten Vorzeichen statt.

Schon immer gab es zwischen beiden Szenen starke Überschneidung, etwa zwischen den inzwischen verbotenen Skinheads Sächsische Schweiz (SSS) und Hooligans von Dynamo Dresden. Neu ist, dass in Köln und anderen Städte es jetzt 'Hooligans' sind, die explizit als politische Akteure erscheinen, jenseits von Fußball und Stadion. Dies könnte zu einer weiteren 'Hooliganisierung' des öffentlichen Raum führen, wie sie schon bei der Auseinandersetzung zwischen Kurden und Salafisten in Celle und Hamburg zu beobachten war.

Ob das erlebnisorientierte Konzept 'Hooligans gegen...' für einen großen Teil der rechten Szene weiterhin attraktiv bleibt, wird der Verlauf der nächsten Demos zeigen. Zum biederen Auftreten der altrechten Parteien bildet das Konzept jedenfalls offensichtlich eine Alternative. Dabei, so die Vermutung, funktioniert das Label 'Hooligan' als übergeordnete Klammer und subkultureller Code, der ohne 'Nazi'-Stigma auskommt und damit weitere gesellschaftliche Anschlussfähigkeit rechter Postionen in bestimmten Milieus, etwa den Stadionkurven, herzustellen vermag.

Robert Hodonyi ist Sprecher des Kreisverbands Mitte/Östliche Vorstadt.