Die Meinung am Freitag, 5.12.2014, von Zahra Mohammadzadeh

Ich meine, dass sich erst jetzt die negativen Konsequenzen der damaligen Abstimmung Baden-Württembergs im Bundesrat richtig zeigen.

05.12.14 –

Ich meine, dass sich erst jetzt die negativen Konsequenzen der damaligen Abstimmung Baden-Württembergs im Bundesrat richtig zeigen. Die Verbesserungen für Flüchtlinge, die das Votum erbringen sollte, lassen noch auf sich warten.

Die Bundes-SPD verkehrt eines ihrer Versprechen nach dem anderen ins Gegenteil, und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes werden nur unzureichend abgearbeitet. Die überfällige Anpassung der Leistungshöhe, die Verkleinerung des betroffenen Personenkreises (Flüchtlinge mit Aufenthaltserlaubnis in den Sozialhlfebezug), die Verringerung der Bezugsdauer – all diese Voraussetzungen einer wirklichen Angleichung der Flüchtlingsversorgung bleiben weiterhin unerfüllt.

Die von Schwarz-Rot im Bundesrat vorgelegte Gesetzesänderung hat nicht einmal den im BR-Ausschuss Arbeit und Sozialpolitik diskutierten Minimalkompromiss berücksichtigt. Die Leistungsberechtigten werden nicht den Hartz-IV-BezieherInnen gleichgestellt und in die gesetzliche Krankenversicherung aufgenommen.

Für die Betroffenen in Bremen ist zumindest ein Vorteil, dass wir die Krankenversicherungskarte für Asylsuchende nach dem Bremer Modell durchgesetzt haben. Die Gesundheitskarte ist eine überfällige Antwort auf die medizinische Versorgung „dritter Klasse", die man den Menschen zugesteht, die unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Doch solange § 4 des Gesetzes ihren Versorgungsanspruch auf die Behandlung „akuter" Erkrankungen und Notfälle reduziert, ändert sich wenig daran, dass das deutsche Gesundheitssystem die Menschen im Land in „Berechtigte" und „Nichtberechtigte" einteilt.

Für die Bremer Zustimmung hat die – kurzfristige! - finanzielle Entlastung der Länder den Ausschlag gegeben. So verständlich das ist, so wenig dürfen wir bei der Forderung der Gleichbehandlung nachlassen. Eine klare politische Haltung setzt die Fortsetzung des Kampfes für die ersatzlose Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes voraus, zumal die längerfristige finanzielle Entlastung von der Übernahme der Leistungsberechtigten in die Versorgung nach Sozialbuch zu erwarten ist. Zudem müssen wir menschenrechtspolitisch über den Tellerrand schauen. Zwar hat die große Koalition ein Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge vereinbart, eingeschleust werden aber massive aufenthaltsrechtliche Verschärfungen. Vieles deutet zurzeit darauf hin, dass gemeinsam mit der derzeit in der großen Koalition vorbereiteten „Neuregelung von Aufenthalt und Bleiberecht" die dramatischste Verschärfung des Aufenthaltsrechts seit 1993 geplant ist. Neue Haftgründe werden dann die Inhaftierung von Flüchtlingen möglich machen. Der Kabinettsentwurf sieht neue Aufenthalts- und Einreiseverbote nach § 11 Aufenthaltsgesetz vor. Dadurch können bestimmten Flüchtlingsgruppen eine Aufenthaltsverfestigung, der Zugang zum Arbeitsmarkt und damit ein menschenwürdiges Existenzminimum verwehrt werden. Statt wie von uns immer wieder gefordert (und von der SPD versprochen) die Kettenduldungen abzuschaffen, wird der Duldungsstatus für zehntausende von Flüchtlingen betoniert, da für sie ein Aufenthaltsverbot greift. Statt auf die eigenen Füße zu kommen, werden dann auch viele Geduldete dauerhaft ohne Arbeitsmöglichkeit bleiben! Denn der Türöffner zur Integration auf dem Arbeitsmarkt ist und bleibt der Aufenthaltstitel. Darüber hinaus sieht das geplante Gesetzespaket eine massive Erweiterung der Abschiebehaft bei Flüchtlingen aus den so genannten sicheren Herkunftsländern und bei Einreise aus anderen EU-Ländern vor. Ebenso sollen Ausweisungen erleichtert und Wiedereinreisesperren für Asylsuchende eingeführt werden, deren Anträge als „offensichtlich unbegründet" abgelehnt wurden. Gegen diese Entwicklung müssen wir uns mit aller Macht an der Seite von Organisationen wie Pro Asyl und Amnesty International zu Wehr setzen.

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Migration, Integration, Asyl