Die Meinung am Freitag, 8.11.2013, von Anja Stahmann

Ich meine, dass sich unsere freiwillige Präventive Schulden- und Insolvenzberatung bewährt. Warum wir trotz knapper Kassen eine freiwillige soziale Leistung wieder eingeführt haben.

08.11.13 –

Warum wir trotz knapper Kassen eine freiwillige soziale Leistung wieder eingeführt haben.

Ich meine, dass sich unsere freiwillige Präventive Schulden- und Insolvenzberatung bewährt.

In Bremen haben binnen zwölf Monaten 574 Erwerbstätige mit geringem Einkommen sowie Arbeitslosengeld-I-Empfänger die kostenlose präventive Schulden- und Insolvenzberatung in Anspruch genommen. Einkommensschwache Erwerbstätige mit hohen Schulden können in der Regel die Mittel für eine kostenpflichtige Schuldnerberatung nicht aufbringen. Wir haben jetzt fast 600 Bremerinnen und Bremern die Möglichkeit gegeben, sich von ihrer erdrückenden Schuldenlast zu befreien. Das ist ein sozialpolitischer wichtiger Erfolg.

Bremen hatte das Angebot der kostenlosen Beratung für Erwerbstätige und Arbeitslosengeld-I-Bezieher nach einem Urteil des Bundessozialgerichts als Sozialleistung im Juli 2010 zunächst einstellen müssen. Wir haben die Weichen neu gestellt und hier einen Schwerpunkt gesetzt. Auf unseren Vorschlag hin konnten wir das wichtige Angebot – finanziert als freiwillige kommunale Leistung – zum Juli vergangenen Jahres wieder einführen.

Mit den 574 Beratungsfällen hat Bremen jetzt wieder das frühere Niveau von rund 540 Fällen aus den Jahren 2008 bis 2010 erreicht, als die präventive Schuldenberatung für diese Gruppen noch als Rechtsanspruch nach dem Sozialgesetzbuch behandelt wurde. Das zeigt, dass wir die Menschen wirklich erreichen. Oft sind die Schulden gar nicht so hoch, dass eine Entschuldung utopisch erscheint - in jedem dritten Fall lagen sie unter 10.000 Euro. Die Zahl der Gläubiger liegt rechnerisch bei 9,77; die größte Einzelgruppe sind letztlich alleinstehende Männer, nur ein Drittel der Beratungssuchenden sind Frauen. Die Beratung ist kostenlos - aber nicht für alle Erwerbstätigen mit niedrigem Einkommen. Wenn bestimmte Einkommensgrenzen überschritten werden, fallen einmalig 130 Euro an. Aber fast 90 Prozent der Fälle sind kostenlose Beratungen.

Wir erfassen den „Abschluss des Verfahrens" und nicht die Entschuldung. Die kann sich über Jahre hinziehen. Abgeschlossen ist ein Verfahren z.B., wenn ein Verbraucherinsolvenzverfahren eingeleitet ist.  Wie viele die sogenannte „Wohlverhaltensphase" von sechs  Jahren schaffen, zeigt sich erst später (und man wird es statistisch kaum nachverfolgen können). „Abschluss des Verfahrens" kann auch eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern sein oder der Abbruch.

Aus unserer Statistik:

Abgeschlossene Fälle total: 235 (von 574 Fällen insgesamt); davon:

22 Vereinbarung über Ratenzahlung
24 Einmalzahlung
143 Verbraucherinsolvenz eingeleitet
10 ohne weiteren Hilfebedarf
30 Abbruch.

Der deutliche Zuspruch zeigt, dass es richtig war, diese Beratungslücke zu schließen. Wir werden das Angebot deshalb auch in Zukunft weiter finanzieren. Für die Betroffenen bietet sich damit die Perspektive auf einen schuldenfreien Neuanfang, bevor sie wegen ihrer Schulden zu Hartz-IV-Fällen werden.

Kategorie

Sozialpolitik | Verbraucherschutz