Die Meinung am Freitag von Tim Krieger

Ich meine, die Zeit ist reif für den (digitalen) Widerstand!

04.04.14 –

Erinnere dich an die Schlagzeilen der vergangenen Monate um die massenhafte und anlasslose Filterung und Speicherung persönlicher Daten durch Geheimdienste. Du fragst dich vielleicht, warum es so seltsam still ist.

Einige Menschen mögen den Worten Pofallas Glauben schenken, der die NSA-Affäre im August 2013 für beendet erklärte. Andere unterstützen – vielleicht aus Angst vor Terror – das von unserem ehemaligen Innenminister Friedrich propagierte "Supergrundrecht" auf Sicherheit, welches seiner Meinung nach über jedes andere zu stellen sei. Wieder andere denken, ihre Daten seien ohnehin – im Zeitalter von Facebook und Google – öffentlich. Der Rest mag überzeugt sein, er habe nichts zu verbergen.

Doch diese Überwachung...

...führt zur Selbstzensur: Eine überwachte Gesellschaft kann niemals frei sein. Wenn wir beginnen, jeden Mausklick abzuwägen und unsere Worte auszuwählen, dann sind wir blind und stumm. Blind, weil wir nicht wagen, uns kritisch zu informieren. Stumm, weil wir uns nicht trauen, unsere Meinung zu äußern.

...ist in ihrer Konsequenz häufig fehlerhaft: Software – z.B. die der Geheimdienste – verknüpft im Datenwust Informationen zu Mustern. Da nicht – wie bei einer gewöhnlichen Fahndung – gezielt nach Personen gesucht wird, ist jeder Datensatz verdächtig und damit jeder von uns. Eine Software ist aber niemals frei von Fehlern. Ein falsches Ergebnis kann Ursache sein für einen falsches Urteil. Das ist keine ferne Zukunftsmusik, sondern längst Realität.

...schützt uns nicht: Ob Onlinedurchsuchung oder Vorratsdatenspeicherung, diese und andere Methoden sind – zu Recht – in ihrer Wirksamkeit umstritten. Anlasslose Überwachung bewahrt nicht unsere demokratische Gesellschaft, sie schadet ihr, weil diese freies Denken und Handeln voraussetzt.

...kann gestoppt werden: Abkommen wie die EU-Datenschutz-Grundverordnung können Unternehmen Regeln aufzwingen. Dies kann auch für Geheimdienste gelten, nur braucht es dazu eine neue Kultur von Vertrauen, Anstand und Mut. Das Resultat der Enthüllungen Edward Snowdens darf nicht Resignation, sondern muss Aktion sein. Du bist gefragt: Grundrechte müssen verteidigt werden, wenn sie verletzt oder in Frage gestellt werden! Es geht nicht (nur) um deine Daten. Der Widerstand gegen die Überwachung ist eine gesamtgesellschaftliche Notwendigkeit. Warum also sind die Straßen so leer?

Und wir GRÜNE? Wir müssen uns aktiv an diesem Prozess beteiligen, Sprachrohr und Vorreiter sein. Das verlangt auch die Auseinandersetzung mit technischen Fragen: Warum z.B. verschlüsseln wir unsere Emails nicht? Die ehrliche Antwort lautet: Nur wenige von uns wissen, wie. An Unkenntnis darf aber gesellschaftliches Engagement nicht scheitern. Wir GRÜNE müssen den Mut aufbringen, Fragen zu stellen. Dazu benötigen wir den Kontakt zu (insbesondere externen) Technikern und Netzaktivisten.

Der Überwachungsskandal wurde von den Parteien weitestgehend verschlafen – auch weil das Thema im Wahljahr 2013 erschreckenderweise kaum zur Wählermobilisierung beitrug. Die richtige Politik lässt sich jedoch nicht an Wahlumfragen und -ergebnissen messen. Als Bürgerrechtspartei müssen wir GRÜNE uns im Interesse der Sache stark machen.

Die Zeit ist reif für den (digitalen) Widerstand!

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