Die Meinung am Freitag, 6.6.2014, von Stephan Schlenker

Ich meine, dass Kindergärten keine "kleinen Schulen" sind - hier geht es um ganzheitliches und spielerisches Lernen!

06.06.14 –

Ich meine, dass Kindergärten keine "kleinen Schulen" sind - hier geht es um ganzheitliches und spielerisches Lernen!

Ein Kommentar von Stephan Schlenker, kinderpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, zum Thema Übergang vom Kindergarten zur Grundschule

Intensiv setzen wir uns als Grüne Fraktion seit Jahren auch mit der Frage der Verbesserung des Übergangs vom Kindergarten in die Grundschule auseinander. Als Grüne machen wir uns dafür stark, dass der Übergang zwischen diesen beiden Bereich fließender wird, die MitarbeiterInnen engmaschig zusammenarbeiten und auch die pädagogischen Ziele aufeinander abgestimmt werden. Gelegentlich werde ich gefragt, ob die Grünen wollen, dass Kindergärten zu "kleinen Schulen" werden, dass der Unterricht, wie er in der Grundschule stattfindet, bereits im Kindergarten beginnen soll. Darauf habe ich eine klare Antwort: Das wollen wir überhaupt nicht, im Gegenteil: Grundsätzliches Ziel muss es aus meiner Sicht sein, dass alle Kinder maximal gefördert werden, um ihnen bestmögliche Chancen zu geben. Kindergärten haben aber einen ganz anderen Auftrag als Grundschulen und das ist aus Sicht der Grünen wichtig und gut so. Lernen findet hier anders statt, wesentlich praxisorientierter und ganzheitlicher. Fokus ist im Kindergarten die unmittelbare und konkrete Lebens- und Interessenslage eines Kindes. Das Lernen findet im Kindergarten in alltäglichen Situationen statt, die ganz natürlich während eines Tages auftreten. Die PädagogInnen schaffen hier bewusst Voraussetzungen für das Lernen der Kinder und machen sie auf das eigene Lernen aufmerksam. Im Kindergarten lernen Kinder in erster Linie dadurch, dass sie mit anderen und ihrer Umwelt interagieren und sich mit Dingen auseinandersetzen, die in dieser Umwelt passieren und für sie subjektiv von Bedeutung sind. Dahinter steht aber natürlich auch die grundsätzliche Fähigkeit adäquat mit Konflikten und unterschiedlichen Meinungen umgehen zu lernen, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und sich soziale Kompetenzen anzueignen.

Wenn Kinder in den Kindergarten kommen, beginnt für sie ein bedeutender neuer Lebensabschnitt, eine wirkliche erste und wichtige Herausforderung. Für viele von ihnen ist das eine neue, spannende, aber auch fremde Welt.  Bei meinen zahlreichen Kindergartenbesuchen konnte ich mir einen guten Überblick darüber verschaffen, welch gute und wichtige Arbeit in den Einrichtungen geleistet wird. Es wird schnell deutlich: Kindergärten haben einen anderen Auftrag als Schulen. Sie schaffen Lebens- und Lernbedingungen, die dem Alter und der Entwicklung der Kinder entsprechen. Das heißt in erster Linie, dass Kinder in diesem Alter ganzheitlich lernen, dass die Wahrnehmung und die Tätigkeit eines Kindes hier noch Hand in Hand gehen. Im Kindergarten geht es um das tätige und forschende Lernen. So geht es um konkrete lebensnahe Fragen und Probleme, die gemeinsam gelöst werden, um Herausforderungen im Alltag, wie etwa das gemeinsame Backen eines Brotes für ein anstehendes Fest, das richtige Verhalten im Straßenverkehr, das Überqueren eines Bachlaufes, das Basteln von Weihnachtssternen, die Einigung auf gemeinsame Ziele und Aufgaben bei einem bestimmten Projekt ... um nur einige Beispiele zu nennen.

In der Grundschule sind die Anforderungen anders. Es handelt sich um einen neuen Lebensabschnitt. Es ist Aufgabe der Grundschule, allen Kindern eine grundlegende Bildung zu ermöglichen. Dabei geht es auf der einen Seite um die Aneignung von vielfältigen Sachkompetenzen und auf der anderen Seite um die Weiterentwicklung grundlegender personeller, sozialer und methodischer Kompetenzen auf einem neuen Entwicklungsniveau. Dies hat für die Kinder einen großen Reiz, sie freuen sich auf den Wechsel und nehmen ihn in der Regel als einen Statusgewinn wahr, sie werden langsam "groß". Das ist gut, denn das bedeutet auch, dass sie eine große Motivation haben, diese Hürde zu nehmen. Damit dieser Übergang mit den neuen Herausforderungen auch gelingen kann, wünsche ich mir sehr, dass dieser Übergang noch engmaschiger wird, denn manche Kinder sind auch im Kindergarten schon sehr weit und haben Lust zu schreiben, zu rechnen oder mit dem Lesen zu beginnen. Andere Kinder brauchen länger noch den beschützteren Rahmen, den der Kindergarten bietet. In der Neustadt gibt es zum Beispiel bereits eine Grundschule, die gemeinsam mit mehreren Kindergärten eine zweite Einschulung auch im Februar ermöglicht. Das ist ein Weg von vielen, den ich sinnvoll finde. Hier sollten wir gemeinsam mit den Kindergärten und Grundschulen überlegen, wie und wo die Zusammenarbeit noch sinnvoll intensiviert werden kann. Aber klar muss sein: Kindergarten und Grundschule sind zwei Einrichtungen mit unterschiedlichem Auftrag!"

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Bildung