Thesen von Horst Frehe zur Zuordnung von Kitas zum Bildungsressort

Eine engere Verzahnung von frühkindlicher Bildung in Kitas und schulischer Erziehung im Primarbereich wird von den Grünen zu Recht eingefordert und ist auch bereits in der Sozialdemokratie angekommen. Ob dieses durch eine organisatorische Zusammenführung im Bildungsressort erreicht werden kann, ist allerdings zweifelhaft.

05.06.15 –

Ist die Zuordnung von Kitas zum Bildungsressort möglich und sinnvoll?

Eine engere Verzahnung von frühkindlicher Bildung in Kitas und schulischer Erziehung im Primarbereich wird von den Grünen zu Recht eingefordert und ist auch bereits in der Sozialdemokratie angekommen. Ob dieses durch eine organisatorische Zusammenführung im Bil-dungsressort erreicht werden kann, ist allerdings zweifelhaft.

Hier 9 Thesen dazu:

  1. Der Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe geht weit über das Bildungsverständnis als Entwicklung kognitiver Fähigkeiten hinaus. Das Ziel der Kinder- und Jugendhilfe in Krippen und Kitas ist es, die Eigenverantwortung und Gemeinschaftsfähigkeit zu för-dern. Dies setzt an der Entwicklung sozialer Kompetenzen an. Die Entwicklung der Persönlichkeit als soziales Wesen steht in der Kinder- und Jugendhilfe im Vordergrund. Schulische Bildung fördert dagegen vor allem die kognitive Bildung im Unterricht. Eine Übertragung dieses Bildungsverständnisses auf den Elementarbereich würde diesen nicht qualifizieren, sondern eher zurückwerfen.
  2. Die Verzahnung der Bildungsprozesse von Kitas und Schule muss verbessert werden. Ziel ist die gleitende Veränderung der Erziehungs- und Bildungsziele und Arbeitswei-sen im Übergang von der Kita zur Schule. Dieses muss durch einen gemeinsamen Rahmenbildungsplan konzeptionell sichergestellt werden.
  3. Der Rolle der Kindertageserziehung im Kinder- und Jugendschutz kommt eine im-mer größere Bedeutung zu. Die Wahrnehmungen des Personals in der Krippe, der Kita und in der Tagespflege sind dabei die wichtigsten Indikatoren, um Vernachlässi-gung und Misshandlung des Kindes rechtzeitig zu entdecken. Die Kindertageserziehung da herauszubrechen wäre fatal!
  4. Eine Zuordnung des Kindergartenbereichs zum Bildungsressort ist nach § 26 Satz 2 SGB VIII nur für landesrechtliche Regelungen gestattet, die vor dem 31. Dezember 1990 erlassen wurden. Bei gegenwärtiger Rechtslage die Kindertageserziehung aus der Kinder- und Jugendhilfe ohne Änderung des Bundesrechts herauszubrechen ist m.E. unzulässig.
  5. Selbst wenn die landesrechtliche Kompetenz geschaffen würde, müsste die Bil-dungsbehörde auch öffentlicher Jugendhilfeträger für diesen Bereich werden. Das Gleiche gilt für das Landesjugendamt, das die Betriebsgenehmigungen erteilt. Eine Aufspaltung des Landesjugendamtes ist weder sinnvoll noch rechtlich umsetzbar.
  6. Eine Übertragung der gesamten Kinder- und Jugendhilfe auf das Bildungsressort halte ich für zulässig. Dies setzt allerdings die Änderung zahlreicher landesrechtlicher Regelungen voraus, die eine Aufgabenzuweisung zu dem Sozialressort vornehmen. Die Aufhebung der Trennung zwischen kommunaler und landesrechtlicher Auf-gabenwahrnehmung müsste rückgängig gemacht oder die Senatorin für Bildung und Wissenschaft mit kommunalen Aufgaben der Stadt Bremen betraut werden.
  7. Dies würde z.B. eine gemeinsame Ausgestaltung der Flüchtlingsunterbringung für Erwachsene und ‚unbegleitete minderjährige Flüchtling' (UMF) unmöglich machen.
  8. Dadurch würde die dezentrale Organisation in 6 Sozialzentren in Frage stellen und eigenständige Jugend- und Sozialämter erfordern. Gleiches gilt auch für die Abtei-lungen des Sozialressorts.
  9. Dieser Umgestaltungsprozess würde reichlich inhaltliche, personelle, rechtliche, or-ganisatorische und damit auch fiskalische Probleme aufwerfen und konzeptionelle Weiterentwicklungen eher hemmen.

Kategorie

Sozialpolitik